Kongo:Lernen von Afrika

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Eine dezentralisierte Versorung hat dabei geholfen die Ebola-Krise unter Kontrolle zu bringen. (Foto: Jerome Delay/dpa)

Der jüngste Ebola-Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo ist weitgehend unter Kontrolle. Geholfen haben: eine rasche Entdeckung der Fälle, ein starkes Überwachungssystem und dezentrale Kompetenz.

Von BERND DÖRRIES, Kapstadt

Man kann nicht sagen, dass Masika Semida mit ihrer Freude hinter dem Berg gehalten hat. Als sie vor ein paar Tagen die Ebola-Klinik im Nordosten des Kongo verließ, da tanzte sie und jubelte, in der Hand ihre Entlassungspapiere als letzte Ebola-Patientin der Demokratischen Republik Kongo. Sie dankte Gott und sprach in ein paar Mikrofone. Dennoch hat die Welt bisher wenig mitbekommen vom Fall der Masika Semida, deren Genesung das Ende der Ebola-Epidemie im Kongo bedeuten könnte. Die Welt ist zu sehr mit der neuen Epidemie des Coronavirus beschäftigt, um den Erfolg im Kampf gegen Ebola noch wahrzunehmen, der vor wenigen Monaten schwer vorstellbar zu sein schien. Etwa 3400 Menschen infizierten sich mit Ebola, davon starben 2264 - mit mehr als 60 Prozent eine Sterberate, die fast zwanzig Mal so hoch ist wie bei Corona.

Der Ausbruch begann im August 2018 im Nordosten des Kongo, in einer Gegend, die seit Jahrzehnten von Gewalt und schwieriger Ernährungslage geprägt ist. Viele Menschen sind vom Bürgerkrieg so traumatisiert, dass sie Helfer und Ärzte angriffen, die sie eigentlich versorgen wollten. Die internationalen Organisationen wurden verdächtigt, das Ebolavirus eingeschleppt zu haben, um von ihm finanziell zu profitieren. Infizierte weigerten sich, in die neuen Behandlungszentren zu kommen. Die Lage schien aussichtslos, bis die kongolesische Regierung den Mikrobiologen Jean-Jacques Muyembe mit der Koordination des Kampfs gegen Ebola betraute, er leitete einen Paradigmenwechsel ein.

Entscheidend ist die rasche Entdeckung der Krankheitsfälle

"Es war entscheidend, dass die lokalen Kommunen stärker eingebunden wurden. Am Anfang wurden die Helfer und sogar Fahrer aus der Hauptstadt eingeflogen, später die Dörfer und Gemeinschaften beteiligt, das schafft eine andere Identifikation", sagt Matthias Borchert vom Robert-Koch-Institut, der während des Ausbruchs drei Mal in der Region war. "Viele Patienten hatten Angst, sich in den zentralen Ebolakliniken testen und behandeln zu lassen. Als die Diagnose dezentralisiert wurde, konnten die Menschen in Krankenstationen gehen, die ihnen vertraut waren." Auch die Sicherheitslage verbesserte sich zumindest teilweise, manche Milizen sollen Geld bekommen haben, wenn sie die Ebola-Helfer ihre Arbeit machen ließen. "Es ist ein großer Erfolg der Kongolesen, in dieser schwierigen Umgebung die medizinische Versorgung zusammen mit ihren Partnern sichergestellt zu haben. Die Diagnose haben sie fast alleine bewältigt."

Seit dem Ausbruch wurden zudem zwei Impfstoffe entwickelt, von denen einer eine Zuverlässigkeit von mehr als 97 Prozent besitzt. Seit 20 Tagen wurden im Kongo keine neuen Fälle von Ebola gemeldet, nach der doppelten Inkubationszeit von 42 Tagen könnte die Epidemie Mitte April offiziell für beendet erklärt werden.

"Das wäre großartig", sagt Louis Dorvilier, der Landesdirektor der Welthungerhilfe. "Aber ist gibt weiter große Besorgnis wegen der Fragilität des Gesundheitssystems und der gesamten Infrastruktur." Viele Menschen hätten noch immer keinen Zugang zu sauberem Wasser. Es müssten weitere Anstrengungen unternommen werden, um einen neuen Ausbruch zu verhindern.

Die kongolesischen Behörden versichern, dass trotz des Erfolges alle Vorsichtsmaßnahmen weiter gelten würden, alle Personen, die mit der letzten Patientin in Kontakt waren, stehen weiter unter Beobachtung. Ebola kann zwar geheilt werden, die Viren überleben im Sperma des Mannes aber noch mehr als ein Jahr.

Die Vereinten Nationen und die Weltgesundheitsorganisation WHO hoffen, dass auch nach dem möglichen Ende der Epidemie und dem Auftauchen von Corona im Kongo genug Geld vorhanden sein wird, um mit der geschaffenen Infrastruktur einen neuen Ebola-Ausbruch zu verhindern, dazu seien etwa 20 Millionen Dollar notwendig. Der stellvertretende WHO-Generalsekretär Ibrahima Socé Fall sagte, der erfolgreiche Kampf gegen Ebola habe auch Lehren für den Kampf gegen Corona: "Entscheidend ist die rasche Entdeckung der Fälle, es braucht ein starkes Überwachungssystem. Dann muss man die identifizieren, die mit dem Erkrankten in Kontakt waren und sie weiter beobachten." Das hätten die Helfer im Kongo erfolgreich gemacht.

© SZ vom 11.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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