Konflikte:Janukowitsch fordert Referenden in der ganzen Ukraine

Kiew/Berlin (dpa) - Mit der Forderung nach Volksabstimmungen in allen Regionen der Ukraine befeuert der geflohene Präsident Viktor Janukowitsch erneut die Diskussion über eine Teilung des Landes.

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Kiew/Berlin (dpa) - Mit der Forderung nach Volksabstimmungen in allen Regionen der Ukraine befeuert der geflohene Präsident Viktor Janukowitsch erneut die Diskussion über eine Teilung des Landes.

Knapp zwei Wochen nach dem international umstrittenen Russland-Referendum auf der Krim rief Janukowitsch aus dem russischen Exil seine Landsleute dazu auf, der neuen Regierung in Kiew nicht zu folgen.

Die Aussagen könnten nach Ansicht von Beobachtern die Spannungen im prorussischen Osten und Süden der Ukraine wieder anheizen. Wegen der Aufforderung zum Sturz der verfassungsmäßigen Ordnung leitete die ukrainische Justiz ein weiteres Verfahren gegen den 63-Jährigen ein.

Angesichts eines angeblichen Großaufmarsches der russischen Armee an der ukrainischen Grenze streitet die Nato über eine stärkere Präsenz in ihren östlichen Mitgliedstaaten. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kritisierte die öffentliche Form der Debatte. Die Nato-Außenminister in Brüssel kommen am Dienstag und Mittwoch zu Beratungen über Konsequenzen aus der Krim-Krise zusammen.

US-Präsident Barack Obama rief Kremlchef Wladimir Putin zum Abzug der Armee nahe der ukrainischen Grenze auf. Es sei unklar, was Moskau mit der Truppenhäufung "unter dem Vorwand eines Trainingseinsatzes" erreichen wolle, sagte Obama in einem CBS-Interview.

Russland bestritt eine militärische Bedrohung der Ukraine. Zugleich kündigte Moskau Sanktionen gegen den Westen an, als Reaktion auf Zwangsmaßnahmen gegen russische Politiker. "Natürlich können solche Handlungen nicht unbeantwortet bleiben", teilte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch mit.

Verteidigungsminister Sergej Schoigu stellte bei einem Treffen mit Putin klar, dass die auf der Krim übergelaufenen ukrainischen Soldaten ihr Kampfgerät behalten. Moskau werde Kiew allerdings etwa 350 Militärfahrzeuge zurückgeben, die russische Truppen auf der Krim beschlagnahmt hatten. Die Abkommen mit der Ukraine über die Stationierung der Schwarzmeerflotte auf der Krim will Russland aufkündigen. Putin lobte die russische Armee für ihren Einsatz.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht zu Erdgas-Importen aus Russland "keine vernünftige Alternative". In der Debatte über die Abhängigkeit Europas von russischem Öl und Gas werde fälschlicherweise so getan, als gebe es viele andere Möglichkeiten, kritisierte der Vizekanzler auf einem Energieforum der "Neuen Osnabrücker Zeitung" nach Angaben des Blattes. Die Grünen warfen Gabriel vor, zu wenig zu tun, um die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen einzudämmen.

Die deutsche Wirtschaft will sich ihre Geschäfte mit Russland trotz der Krim-Krise nicht verderben lassen. "Mit einem Abbruch von Gesprächen und einer weiteren Isolierung Russlands lösen wir keine Probleme, im Gegenteil", sagte der Vorsitzende Eckhard Cordes der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Er verteidigte ein Treffen des Siemens-Chefs Joe Kaeser mit Putin. Bahnchef Rüdiger Grube will Mitte April nach Russland fahren, um Vertreter der russischen Staatsbahn RZD zu treffen, deren Chef Wladimir Jakunin auf der US-Sanktionsliste steht. Aus der Opposition kam Kritik an den Reisen.

Die nahezu bankrotte Ukraine hofft derweil, bald eine erste Tranche des Milliardenkredits vom Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erhalten. Die Organisation sei bereit, zunächst 3 Milliarden der bis zu 18 Milliarden US-Dollar (13,1 Milliarden Euro) zuzuschießen, sagte Finanzminister Alexander Schlapak. Wirtschaftsminister Juri Prodan räumte ein, allein die Gasschulden beim russischen Staatskonzern Gazprom betrügen 1,7 Milliarden US-Dollar. Er schloss nicht aus, die Transitpreise für russisches Gas nach Westen zu erhöhen.

Janukowitsch griff die EU und USA scharf an. "Der Sturz der gesetzmäßigen Machthaber ist vom Westen außerhalb internationalen Rechts geplant worden und nicht das erste Beispiel eines solchen Szenarios", hieß es in der Erklärung. Janukowitsch war nach dem Machtwechsel in Kiew im Februar nach Russland geflohen.

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