Konflikte:Analyse: Welche Strategie verfolgt Obama?

Lesezeit: 2 min

Washington (dpa) - Obama lässt Luftangriffe gegen die IS-Terrormiliz im Nordirak fliegen. Wie lange, hat er offengelassen. Kritiker fragen, welche Strategie das Weiße Haus eigentlich verfolgt.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Washington (dpa) - Obama lässt Luftangriffe gegen die IS-Terrormiliz im Nordirak fliegen. Wie lange, hat er offengelassen. Kritiker fragen, welche Strategie das Weiße Haus eigentlich verfolgt.

US-Präsident Barack Obama hoffte auf zwei ruhige Urlaubswochen fernab von Washington auf der Insel Martha's Vineyard. Stattdessen muss er sich mit außenpolitischen Problemen herumschlagen. Kurz bevor der 53-Jährige mit seiner Familie in die Ferien aufbrach, ordnete er Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Nordirak an. Und versprach einen Hilfseinsatz für die Flüchtlinge. Allmorgendlich ließ er sich auch im Urlaub von seinen Mitarbeitern über die Entwicklung informieren, telefonierte mit Staats- und Regierungschefs. Außer dem Irak ging es dabei auch um die Krisen im Gazastreifen und in der Ukraine.

Doch Kritiker bemängeln dennoch, der Präsident sei zu wenig präsent. Seine Nachmittage verbringe er lieber beim Golfen. Diese Steilvorlage griffen auch die Late-Night-Shows auf: US-Komiker Jimmy Kimmel witzelte, nach einem Tag am Strand müsse der Präsident zurück auf den Golfplatz: „Prioritäten sind Prioritäten.“

Doch auch abseits der Bilder - hier ein US-Präsident, der auf sattem Grün Golfbälle schlägt, dort Bombeneinschläge nahe der nordirakischen Stadt Erbil - drängt sich die Frage nach der Rolle der USA im Irak auf. Und ob Obama überhaupt eine umfassende Strategie für die Region hat.

Die Denkfabrik Council on Foreign Relations in Washington schrieb, die USA bewegten sich auf ein stärkeres militärisches Eingreifen im Irak zu - jedoch „nur widerwillig und schrittweise“. Kurz darauf sorgte Obama mit der Ankündigung für Verwirrung, es seien keine weiteren Luftangriffe nötig, um Flüchtlinge im Sindschar-Gebirge zu schützen. Die Situation im Irak bleibe aber „schrecklich“, und die USA würden weiter Stellungen von IS-Kämpfern bombardieren und Kurden und irakischen Sicherheitskräften Waffen liefern.

Inzwischen warnen immer mehr oppositionelle Republikaner, dass der Vormarsch der IS-Milizen im Irak und in Syrien die Sicherheitsinteressen der USA gefährde. Die Terroristen hätten das Potenzial für Angriffe auch in westlichen Ländern. „Die wachsende Bedrohung durch IS für unser Heimatland verlangt jetzt eine ernsthafte Strategie, um ein zweites Afghanistan zu verhindern, wo Terroristen einen sicheren Zufluchtsort hatten, um Angriffe gegen unser Land zu starten“, sagte der republikanische Senator Kelly Ayotte.

Obama stehe vor einem Balanceakt, hieß es in einem Leitartikel der „Washington Post“. Es sei schwierig, sich im Irak militärisch wieder stärker zu engagieren, nachdem Obama zuvor den Abzug der US-Truppen aus dem Land gepriesen habe. Aber wenn die USA ihren Kurs nicht korrigierten, riskiere der Präsident eine noch gefährlichere Situation.

„Eine Doktrin, die darauf abzielt, sich herauszuhalten, ist zum Scheitern verurteilt“, schrieb Kommentator Jackson Diehl. Die USA hätten schon früher mehr im Irak und in Syrien tun sollen. Nun müssten sie in die Offensive gehen, um die militanten Kräfte zu zerschlagen. Obama müsse zugeben, dass es ein Fehler war, nicht eher gehandelt zu haben.

Konservative Kritiker meinen, Obama fehle ein klares Ziel. Michael Rubin vom American Enterprise Institute etwa schreibt, Luftangriffe könnten zwar die Illusion nähren, dass die Bedrohung verringert werde. Doch ohne eine Strategie sei das kaum mehr als Symbolismus.

Die vielleicht schärfste Kritik aber kam ausgerechnet von Obamas früherer Chefdiplomatin Hillary Clinton. Die Ex-Außenministerin gab zu bedenken, dass Obamas Entscheidung, moderate syrischen Rebellen im Frühstadium des Bürgerkrieges nicht zu bewaffnen, zum Erstarken der Dschihadisten beigetragen habe. Die USA müssten jetzt eine Strategie entwickeln, um der Gefahr des islamischen Terrorismus zu begegnen, sagte Clinton. Später ruderte sie allerdings zurück.

Obama wollte seinen Urlaub nun für zwei Tage unterbrechen und wurde am späten Sonntagabend (Ortszeit) in Washington zurückerwartet. Über die Gründe dafür schwieg sich das Weiße Haus im Vorfeld jedoch aus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: