Konflikte:Analyse: Neue Chance für Diplomatie in Krim-Krise?

Riad (dpa) - Diesmal lässt Barack Obama nicht locker - und das könnte sich bezahlt machen. Egal, wo der US-Präsident in dieser Woche auftauchte, ob in Den Haag, Brüssel, Rom oder Riad - immer wieder kritisierte er Kremlchef Wladimir Putin mit klaren Worten für die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim.

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Riad (dpa) - Diesmal lässt Barack Obama nicht locker - und das könnte sich bezahlt machen. Egal, wo der US-Präsident in dieser Woche auftauchte, ob in Den Haag, Brüssel, Rom oder Riad - immer wieder kritisierte er Kremlchef Wladimir Putin mit klaren Worten für die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim.

Die mächtige G8-Staatengruppe bewegte er zum Ausschluss Russlands, brandmarkte vor den Augen des belgischen Königspaares die unmoralische "Drangsalierung" eines schwächeren Landes und drohte Putin unablässig mit weiteren Sanktionen.

Noch am Freitag forderte der Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte die Russen in einem TV-Interview zum sofortigen Abzug ihrer Truppen von der ukrainischen Grenze auf. Dies sei der einzige Weg, die Situation in der Region zu deeskalieren, mahnte Obama. Dann - später am Tag - klingelte plötzlich sein Telefon.

Mitten in einem wichtigen Besuch in Saudi-Arabien nahm er sich die Zeit, Putins "Vorschlag zu einer diplomatischen Lösung der Krise in der Ukraine" anzuhören, wie das Weiße Haus eilig den mitreisenden Journalisten in Riad mitteilte. Den Regierungsbeamten im Pressehotel war die Überraschung ins Gesicht geschrieben - denn zuletzt war es meist Obama, der zum Hörer griff.

Dennoch herrscht auf amerikanischer Seite weiter tiefes Misstrauen. Er solle seine Vorstellungen doch bitte schriftlich ans Weiße Haus schicken, legte Obama dem russischen Präsidenten nahe. Als hätte das gesprochene Wort Putins für ihn keinen Wert mehr. In der Krim-Krise will sich Washington von Moskau nicht weiter täuschen lassen.

Es sei unklar, was Russland diesmal "unter dem Vorwand eines Trainingseinsatzes" mit der Truppenkonzentration auf seiner Seite der Grenze zur Ukraine vorhabe, sagte Obama in dem Interview am Freitag. "Es könnte einfach ein Versuch sein, die Ukraine einzuschüchtern - oder vielleicht haben sie weitergehende Pläne."

Auch Lawrows Äußerungen am Samstag im staatlichen TV-Sender Rossija dürften die Amerikaner nicht beruhigen. Forderungen an Moskau nach einer "Herausgabe" der Krim seien "absolut aussichtslos", sagte der russische Chefdiplomat. Dies jedoch war natürlich die Hauptforderung in dem schriftlichen Lösungsvorschlag, den Kerry seinem russischen Kollegen vor einigen Wochen überreicht hatte.

Putin berief sich in seinem Anruf auf jenes eineinhalb Seiten kurze Papier, das der US-Außenminister bei seinem Treffen mit Lawrow Anfang der Woche in Den Haag in der Tasche hatte. Allerdings dürfte es sich inzwischen um eine aktualisierte Version handeln. Das US-Außenamt erklärte am Samstag, zum konkreten Inhalt wolle man keine Stellung nehmen. Augenfällig ist aber, dass das Wort Krim in der Mitteilung des Weißen Hauses zu dem Telefonat am Freitag nicht mehr vorkam.

So ist nicht unwahrscheinlich, dass die USA von Moskau nunmehr den Truppenabzug aus der Grenzregion fordern sowie die Einrichtung einer Kontaktgruppe mit russischen, ukrainischen, amerikanischen und europäischen Regierungsvertretern. Ob das klappt? Immerhin ist die diplomatische Tür nun wieder einen Spalt breit offen. Beide Präsidenten stimmten darin überein, dass sich Kerry und Lawrow erneut treffen sollten, um die nächsten Schritte zu besprechen.

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