Koalitionsvertrag:Schutzschirm für Arbeitnehmer

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Schwarz-Gelb hat den Koalitionsvertrag vorgestellt: Schwerpunkte sind Wirtschaft, Wachstum und Bildung. Doch viele Fragen bleiben unbeantwortet.

Ein wenig übernächtigt sahen die drei Regierungschefs der Regierungsparteien aus, als sie die Ergebnisse ihrer Koalitionsverhandlungen bekannt gaben. Es war aber auch eine kurze Nacht für sie - erst nach zwei Uhr früh - nach fast zwölf Stunden Diskussion - waren die Koalitionsverhandlungen zu Ende gegangen.

"Wir legen mit dem Koalitionsvertrag Rahmenbedingungen und Regeln fest, auch für den Haushaltsbereich", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle und gab damit einen Teil der Verantwortung an die Gremien ab zurück.

Die Regierung will mit einem 124-seitigen Fahrplan die Bewältigung der Wirtschaftskrise in den Mittelpunkt stellen, aus der sie "gestärkt" hervorgehen wolle, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte. Geplant sei, nach Beispiel des "Schutzschirms für Banken unter der Großen Koalition, unter anderem ein "Schutzschirm für Arbeitnehmer". Damit sollen krisenbedingte Milliarden-Ausfälle bei der Bundesagentur für Arbeit und den Krankenkassen gesamtstaatlich aufgefangen werden. Schlüsselthemen seien außerdem Wachstum und Bildung.

Betreuungsgeld kommt

In einem ersten Schritt werden bereits im Januar 2010 der Kinderfreibetrag auf jährlich 7008 Euro und das Kindergeld um jeweils 120 Euro pro Monat angehoben. Von 2013 an sollen Eltern ein Betreuungsgeld von 150 Euro im Monat bekommen, wenn sie für ihr Kind unter drei Jahren keinen staatlich geförderten Betreuungsplatz in Anspruch nehmen.

Ferner besiegelten Union und FDP den Erhalt der Wehrpflicht. Der Wehrdienst für junge Männer wird aber zum 1. Januar 2011 um drei auf dann sechs Monate reduziert - so kurz wie noch nie. Auch der Zivildienst dürfte entsprechend angepasst werden.

Die Jahre 2010 und 2011 würden vom Überwinden der Krise geprägt sein. Würde es 100 000 Arbeitslose weniger geben, reduzierten sich die Ausgaben um zwei Milliarden Euro, so Merkel. Westerwelle betonte, bei Hartz IV werde die neue Regierung die "gröbsten Ungerechtigkeiten" beseitigen. Das bisher "lächerlich geringe" Schonvermögen, das Langzeitarbeitslose ansparen dürfen und das vor der Anrechnung durch den Staat geschützt ist, werde auf 750 Euro pro Lebensjahr verdreifacht.

Schwarz-Gelb keine Gefahr

Die Bürger sollen zukünftig mehr "Netto vom Brutto" bekommen, forderte Westerwelle. Der Koalitionsvertrag werde das versprochene niedrigere, einfachere und gerechtere Steuersystem einlösen. Faire Steuern seien die Voraussetzung für Wachstum, für Arbeitsplätze und ein Beitrag, um aus der wirtschaftlichen Krise zu kommen. All jene, die vor der Wahl behauptet hätten, Schwarz-Gelb sei eine soziale Gefahr, würden mit diesem Koalitionsvertrag eines Besseren belehrt, sagte Westerwelle.

Dass die Koalitionspartner sich während der Koalitionsverhandlungen nicht in allen Punkten einig gewesen seien, bezeichnete Westerwelle als "engagierte Diskussion" . Einige Entscheidungen überraschen allerdings - mehr als 30 Fragen aus dem Publikum sammelten sich auf dem Planungszettel der Moderation.

"Keine unsozialen Reformen"

Außenminister Guido Westerwelle sagte, dass er einen Abzug der letzten in Deutschland stationierten Atomwaffen durchsetzen werde. Und Angela Merkel bestätigte, sie trage diesen Wunsch mit, denn schließlich führe die CDU mit der FDP eine gemeinsame Politik.

Angela Merkel (CDU) versicherte, dass es keine unsozialen Reformen in der Gesundheitspolitik geben werde. Die Arbeitskosten müssten stärker von den Lohnnebenkosten entkoppelt werden. Die Beiträge der gesetzlich Versicherten sollen ab 2011 zum Teil auf einkommensunabhängige Prämien umgestellt werden, das bedeutet, dass ein Fensterputzer genau so viel bezahlen muss, wie ein Manager. Der Fensterputzer kann aber Kosten zurückfordern. Das bezeichnete Merkel als "solidarisch". "Ich stehe dafür ein, dass es dafür auch einen Solidarausgleich gibt", sagte sie. Außerdem solle es ein einheitliches Rentensystem für Ost- und Westdeutschland geben.

CSU-Chef Horst Seehofer stellte Steuerentlastungen, Betreuungsgeld und Hilfen für Bauern in den Mittelpunkt. Eine große Steuer-Strukturreform solle "möglichst noch 2011" kommen. Auch Merkel kündigte an, dass noch in diesem Jahr ein Gesetz zur Beschleunigung des Wachstums verabschiedet werden solle.

Auch die Entwicklungshilfe solle weitergehen, anders als vom bisherigen FDP-Generalsekretär Dirk Niebel, der jetzt ausgerechnet zum Entwicklungshilfe-Minister berufen wurde. Niemand habe vorgeschlagen, dass "man die Entwicklungshilfe einstellt", verteidigte FDP-Vorsitzende Westerwelle die Entscheidung. Wichtig sei nur, dass im Entwicklungsministerium keine "Neben-Außenpolitik" stattfinde, sondern dass "das Ganze synchronisiert wird".

© sueddeutsche.de/AFP/AP/dpa/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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