Koalitionsverhandlungen in Berlin:SPD lenkt ein bei Migration

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  • Union und SPD haben sich in weiteren Fragen auf eine gemeinsame Linie für eine mögliche Koalition verständigt.
  • Einig sind sich die Parteien bei Migration und der Zuwanderung von Fachkräften. Außerdem soll es finanzielle Verbesserungen für Familien geben.
  • Am Wochenende stehen jedoch noch einige strittige Punkte auf der Verhandlungsliste. SPD-Generalsekretär Klingbeil sagt: "Die entscheidenden Tage liegen jetzt vor uns."

Die Verhandler in Berlin zeigen sich zufrieden mit dem Fortgang der Koalitionsgespräche. Am Freitagabend verständigten sich CDU, CSU und SPD auf weiteren Politikfeldern über eine gemeinsame Linie, so im Bereich Migration, Fachkräfte und Familie. "Wir haben große Fortschritte gemacht", fasste SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil nach Abschluss der Beratungen im Willy-Brandt-Haus die Lage zusammen.

Bei der Migrations- und Flüchtlingspolitik einigten sich die Verhandler auf einen Kompromiss bei der Auslegung eines Maximalwerts für die Zuwanderungszahlen. SPD-Vize Ralf Stegner teilte am Abend mit, der Dissens sei beendet. Es bleibe bei den Formulierungen aus dem Sondierungspapier. Im Ergebnispapier der Arbeitsgruppe "Migration und Integration" heißt es nun, Union und SPD stellten fest, dass die Zuwanderungszahlen "die Spanne von jährlich 180 000 bis 220 000 nicht übersteigen werden".

Die SPD verzichtete demnach hier auf den Zusatz einer einschränkenden Formulierung, dass dies "beim jetzigen Kenntnisstand" gelte. Stegner betonte aber, dass die SPD Wert darauf lege, dass dies nur eine beschreibende Formulierung sei und "keine Obergrenze". Das Asylrecht werde nicht begrenzt. Die Unionsführung habe nun zugesagt, auf "irreführende Öffentlichkeitsarbeit" zu verzichten. ​

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer antwortete später auf die Frage, ob er bei der Formulierung noch von einer Obergrenze spreche, mehrfach, seine Partei sei mit dem Kompromiss zufrieden. "Wenn die CSU an dieser Stelle sagt, wir sind sehr zufrieden, dann wissen Sie, was das bedeutet." Konkret von einer Obergrenze sprach dagegen der bayrische Innenminister Joachim Herrmann in einem Interview mit der Rheinischen Post. "Mit dem Bekenntnis von Union und SPD, dass die Flüchtlingszahlen die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 Flüchtlinge nicht übersteigen werden, haben wir eine Obergrenze erreicht", sagte Herrmann.

Zuwanderung und Familien

Stegner verkündete zudem, dass man sich auf ein Zuwanderungsgesetz für Fachkräfte geeinigt habe. "Da haben wir uns auf die Eckpunkte verständigt, das wird es also in der nächsten Legislaturperiode geben", sagte Stegner.

Auch im Bereich Familie verständigten sich Union und SPD in einigen Fragen. So soll das Kindergeld um 25 Euro pro Kind und Monat steigen und der Kinderfreibetrag entsprechend angehoben werden. Auch der Kinderzuschlag für Einkommensschwache soll erhöht werden. Kinderrechte sollen eigens im Grundgesetz verankert werden. Eingeführt werden sollen auch Gutscheine für Haushaltshilfen.

Mit einem "Schienenpakt" von Politik und Wirtschaft wollen die Parteien dafür sorgen, dass bis 2030 doppelt so viele Bahnkunden gewonnen und mehr Güter in Zügen transportiert werden.

Was am Wochenende bevorsteht

Am Wochenende stehen nun allerdings noch die Beratungen über einige schwierige Themen an. Vor allem bei der Abschaffung der "Zwei-Klassen-Medizin", von sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen und im Bereich des Mietrechts stehen Lösungen noch aus. "Es gibt Themen, bei denen wir auseinander liegen", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. "Die entscheidenden Tage liegen jetzt vor uns."

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sprach von sehr guten Ergebnissen. "Es liegt noch ein sehr schweres Stück Weg vor uns. Aber wir machen es mit Optimismus." CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte, man werde sich am Samstag Themen vornehmen, die nicht nur den Koalitionären wichtig sind, sondern vor allem den Bürgerinnen und Bürgern.

Die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) rechnen mit schwierigen Gesprächen. Am Samstagvormittag (10.00 Uhr) wollten sich Vertreter von CDU, CSU und SPD zunächst zu getrennten Vorbesprechungen treffen, bevor gegen 12.00 Uhr die 15er-Runde mit den Fach-Arbeitsgruppen über die Lösung verbliebener Konfliktpunkte verhandeln will. Später sollten abermals getrennte Beratungen stattfinden, bevor am Abend wieder die 15er-Runde tagen wollte.

Ob es - wie vorgenommen - bis Sonntag eine endgültige Einigung gibt, ist offen. Verhandlungskreise erwarten eine Verlängerung. Montag und Dienstag sind als Puffertage festgelegt.

© SZ.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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