Klitschko und die Proteste in der Ukraine:Klitschko ist vielleicht das Gesicht der Proteste, aber nicht der Kopf

Vielleicht entwickelt sich Vitali Klitschko ja doch noch zu der Führungspersönlichkeit, die die Demonstranten bislang vermisst haben. Er hat sich vor allem durch seine mutigen Vermittlungen zwischen den Protestierenden und der Polizei profiliert, die sogar zu einem vorübergehenden "Waffenstillstand" geführt haben. Doch angesichts der getöteten Demonstranten und Aktionen wie dem Sturm des Landwirtschaftsministeriums, die zeigen, wie aufgeheizt die Stimmung weiter ist, bleibt es offen, was die nächsten Tage bringen.

Und selbst wenn Klitschko das wichtigste Aushängeschild der Proteste würde - "der Kopf ist er nicht und war er nie", sagt die Expertin. "Er ist in Gefahr, dass sein Image als ehrliche Haut und unbestechlicher Politiker von anderen missbraucht wird." Außerdem könnte es mit seiner Rolle als zentrale Figur auch schnell wieder vorbei sein. Denn es warten noch eine Reihe anderer einflussreicher Politiker auf ihre Chance - unter anderem Petro Poroschenko, ein ehemaliger Minister und Abgeordneter im Parlament, der keiner Fraktion angehört.

Bislang zeigt die Regierung jedenfalls wenig Interesse daran, den Forderungen der Opposition nachzugeben. Auch die Ernennung von Andrej Kljujew zum Chef der Präsidialverwaltung ist kein ermutigendes Signal. Der Politiker gilt als verantwortlich für das brutale Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten am 30. November. Selbst, dass der Ausnahmezustand verhängt werden könnte, wird von Fachleuten nicht ausgeschlossen.

"Janukowitsch hat im Osten Wähler verloren"

Wie wird Janukowitsch auf diese bunte Opposition reagieren? Neuwahlen könnten ihn, wie gesagt, in seinem Amt bestätigen, da die Bevölkerung im Osten und Süden des Landes mehrheitlich hinter ihm steht. Notwendig wären ein Rücktritt der Regierung und die Rücknahme der Gesetze vom 16. Januar, mit denen Janukowitsch die Bürgerrechte massiv eingeschränkt hat, sagt Banakh. 2015 könnten dann Neuwahlen stattfinden.

"Janukowitsch hat inzwischen auch im Osten Wähler verloren, weil er für viele Menschen dort eine Weile einen zu freundlichen Kurs gegenüber der EU gefahren hat. Klitschko dagegen wird in allen Regionen von zehn bis fünfzehn Prozent unterstützt. Wenn sich ihm andere Oppositionelle anschließen würden, gäbe es die Chance, Janukowitsch bei Wahlen 2015 zu besiegen."

Linktipp: 10 Things The West Needs To Know About The Situation In Kiev

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