Klimapolitik:Hätte er sich ja denken können

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Das Maß ist voll: Demonstranten stören die Rede von Preston Wells Griffith, Berater von US-Präsident Donald Trump. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Trumps Sonderberater wirbt beim Klimagipfel in Kattowitz für Kohle. Das geht daneben.

Von Michael Bauchmüller, Kattowitz

Als Preston Wells Griffith den ersten Lacher erntet, ist er gerade bei den Ärmsten der Armen angelangt. Eine ganze Weile schon hat Griffith, Sonderberater von US-Präsident Donald Trump, über den Segen fossiler Energie gesprochen, über den "Alarmismus" der Klimadebatte, der "allzu oft realistische und pragmatische Positionen" ersetze. Pragmatischer müsse man auch in der Entwicklungshilfe vorgehen. "Wenn es uns ernst ist mit dem Kampf gegen die Armut, dann wird das nur mit fossiler Energie gehen", sagt Griffith. Da ist das Maß voll - und das Gelächter beginnt.

Es sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsende, die diese Veranstaltung der amerikanischen Delegation unterwandert haben. Das Gelächter ist der Auftakt zu einer Guerrilla-Aktion, mit der aus der Pro-Kohle-Veranstaltung eine Pro-Klima-Veranstaltung wird, in der nacheinander junge Umweltschützer das Wort ergreifen. "Die US-Regierung riskiert meine Zukunft", ruft der 19-jährige Vic Barrett, selbst Amerikaner. "Wir werden nicht zurückstecken. Wir werden kämpfen." Auch Aneesa Khan kommt zu Wort, eine 23-jährige Amerikanerin mit indischen Wurzeln. "Die amerikanische Elite hat über Jahrzehnte Profite mit fossiler Energie gemacht", ruft sie. "Jetzt ist es für sie an der Zeit, zurückzuzahlen." Griffith steht derweil am Rednerpult und bemüht sich, möglichst ungezwungen zu lächeln. Hätte er sich ja denken können, dass es so kommt.

Denn schon vor einem Jahr, bei der Klimakonferenz in Bonn, hatten Umweltgruppen eine ähnliche US-Veranstaltung unterbrochen. Reihenweise erhoben sich die Aktivisten, drehten dem Podium den Rücken zu, und begannen minutenlang zu singen. Auch diesmal dauert die Aktion gut zehn Minuten, dann verlassen die Umweltschützer den Saal. "Schämt euch!", skandieren sie im Rausgehen.

So illustriert auch diese Runde die seltsame Rolle der USA auf der Klimakonferenz. Die Delegation ist weitgehend abgetaucht, es gibt kaum öffentliche Veranstaltungen. Einen eigenen amerikanischen Pavillon gibt es nicht, jedenfalls nicht von der Regierung - den hat stattdessen die Umweltstiftung WWF errichtet, zusammen mit Städten und Bundesstaaten, die sich weiter dem Klimaschutz verpflichtet fühlen.

In den Verhandlungen haben sich die US-Diplomaten bisher vor allem damit hervorgetan, dass sie eine Würdigung des jüngsten Berichts des Weltklimarates vereitelten. Gemeinsam mit Saudi-Arabien, Russland und Kuwait verhinderten sie, dass die Staaten den Bericht "willkommen heißen".

Amerikanische Firmen sind der Meinung, die Zukunft gehöre der Wind- und Solarenergie

Als die jungen Demonstranten abgezogen sind, wird auch Griffith nach dem Bericht gefragt. Der gebe der Welt schließlich nur noch wenige Jahre, um die Erderwärmung bei 1,5 Grad Celsius zu stabilisieren, wirft eine ältere Dame ein. "Glauben Sie, wir können uns so viel Zeit lassen, wenn wir den Planeten erhalten wollen, wie wir ihn kennen?" Trumps Sonderberater antwortet knapp, aber freundlich: "Lassen Sie uns bitte jetzt über Innovationen reden."

Zwar möchte Washington vom Pariser Klimaabkommen nicht viel wissen, vom damit verbundenen Geschäft aber umso mehr. Rich Powell sitzt auch auf dem Podium, vom konservativen Thinktank Clearpath. "Wir erwarten ein robustes, stabiles Wachstum bei fossiler Energie", sagt er. Künftig werde aber die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid eine größere Rolle spielen. Und auch die Atomenergie werde eine wachsende Rolle spielen, ihrer geringen klimaschädlichen Emissionen wegen. Das sieht auch Steve Winberg so, ehemaliger Energiemanager und nun im US-Energieministerium für Forschung zuständig. "Unser Ziel ist eine Flotte von Kraftwerken mit hoher Effizienz und niedrigen Emissionen", sagt er.

Unwidersprochen bleibt aber auch das nicht. Nach der offiziellen US-Präsentation trommeln amerikanische Firmen zur improvisierten Pressekonferenz - darunter Konzerne wie Microsoft, die Bank of America und Mars. Die Zukunft, sagen sie unisono, gehöre Wind- und Solarenergie. Über derlei Innovation hatte vorher keiner gesprochen.

© SZ vom 11.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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