Klima:Verhakt

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Die Klimakommission streitet weiter über Maßnahmen zur Verringerung des Verkehrs. Umweltschützer befürworten etwa höhere Spritpreise. Da macht der Minister nicht mit.

Von Markus Balser, Berlin

Das Ziel war ehrgeizig, der Zeitplan straff: Bei ihrer letzten Sitzung am Montag sollten sich die Experten der Kommission für mehr Klimaschutz im Verkehr eigentlich auf ein großes Maßnahmenpaket einigen. 2030 soll der Verkehr nach den Plänen der Bundesregierung mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen. "Wege zur Erreichung der Klimaziele 2030" stand bei dem Treffen auf der Frontseite des vertraulichen 120-Seiten-Entwurfs. Das Problem: Einen gemeinsamen Weg konnten die Experten partout nicht finden. Die Kommission sei tief zerstritten, hieß es noch während des Treffens aus Regierungskreisen. Zwar hat die 20-köpfige Gruppe sechs Handlungsfelder identifiziert: Neue Antriebe, effiziente Fahrzeuge und regenerative Kraftstoffe sollen die CO₂-Lücke schließen. Außerdem eine starke Verlagerung des Personenverkehrs weg vom Auto, beim Güterverkehr weg vom Lkw auf Schiene und Schiff, und die Digitalisierung der Mobilität insgesamt. Doch Kern des Berichts sollten eigentlich konkrete Maßnahmen sein, wie die Bundesregierung dieses Ziel erreicht. Auf die aber konnten sich Vertreter von Auto-, Umwelt-, Verkehrs- und Bahnverbänden bis Redaktionsschluss nicht einigen. Möglicherweise werde nur ein Torso verabschiedet, hieß es aus Kreisen des Gremiums.

Vor allem für Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wäre das eine herbe Schlappe. Mit 163 Millionen Tonnen CO₂-Ausstoß pro Jahr gehört der Verkehr zu den großen Klimasündern in Deutschland. Er trägt maßgeblich dazu bei, dass Deutschland seine Vorgaben aus dem Abkommen von Paris bislang verfehlt. Um den eigenen Zielen endlich näherzukommen, sieht der Klimaplan der Regierung nun klare Ziele vor. So sollen im Verkehr die Emissionen bis 2030 auf weniger als 98 Millionen Tonnen sinken. Im Vergleich zu heute bedeutet das eine Minderung um gut 40 Prozent. Auf einige Maßnahmen konnten sich die Experten problemlos einigen, dazu zählen niedrigere Bahnpreise. Durch den Einsatz von digitaler Leittechnik soll der Verkehr flüssiger fahren, der Radverkehr massiv gefördert und Anreize zum Kauf von emissionsarmen Autos eingeführt werden. Allerdings führt das zu höchstens 40 Millionen Tonnen CO₂-Ersparnis. Damit bliebe eine gewaltige Lücke.

Umweltschützer gehen davon aus, dass die Klimavorgaben nur erreichbar sind, wenn weniger Autos und Lkws mit fossilen Antrieben unterwegs sind. Sie befürworten höhere Spritpreise, Quoten für E-Autos und Preisaufschläge beim Kauf von Spritfressern oder ein Tempolimit. Das aber wollen Scheuer und die Autoindustrie auf keinen Fall - auch aus Angst vor einer Protestbewegung wie den Gelbwesten in Frankreich habe Scheuer Druck gemacht, hieß es.

Das Ministerium forderte den Angaben zufolge die Aufnahme riesiger Mengen von synthetischen und Biokraftstoffen als Ersatz für Benzin und Diesel, um die Bilanz aufzupolieren. Da aber wollten Umweltverbände nicht mitmachen. Sie bezweifelten, dass die Kraftstoffe in so großem Stil überhaupt verfügbar sind. Teilnehmer sprachen von einem Luftschloss bei der Klimabilanzierung. Eine Einigung auf eine gemeinsame Linie sei erst mal vom Tisch, hieß es aus dem Treffen. Möglich sei lediglich noch die Einigung bei einzelnen Kapiteln des Berichts.

© SZ vom 26.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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