Mit "Wechselbad der Gefühle" wäre die Situation wohl korrekt beschrieben: Am Ende gab es Jubel, Applaus und Sekt, aber auch Tränen und lange Gesichter. Der Synodale Weg, das Reformprojekt zwischen katholischen Klerikern und Laien, hat sich am Samstag klar für ein Diakonat der Frau ausgesprochen. Die katholischen Bischöfe sollen sich in Rom dafür einsetzen, dass Frauen für diese niedrigste der drei Weihestufen zugelassen werden.
Einen entsprechenden Handlungstext hat die Synodalversammlung in Frankfurt am Main am Samstag mit 93,6 Prozent beschlossen. Auch 80,7 Prozent der Bischöfe stimmten dafür - "es gab selten eine so deutliche Aussage der Bischöfe für den Diakonat der Frau", sagt der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode.
Allerdings: Auch dieser Text war, wie weitere zuvor, auf Wunsch einiger Bischöfe abgeschwächt worden. Statt im Papier auch die Zulassung von Frauen zu allen Weiheämtern, also auch zum Priesteramt, anzusprechen, beschränkte man sich nach einem Änderungsantrag von Fuldas Bischof Michael Gerber rein auf das Diakonat der Frau - offensichtlich weil man sich ausrechnet, dass man in Rom mit dieser Minimalforderung mehr Chancen hat. Dies sei "eine sensible Frage", sagte der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann. Münchens Erzbischof Kardinal Reinhard Marx sagte, es sei wichtig, "dass wir diesen Weg gehen in Einmütigkeit".
"Es reicht einfach nicht"
Faktisch bleibt der Synodale Weg damit aber in seinen Voten auf dem Stand der Würzburger Synode stehen, die von 1971 bis 1975 stattgefunden hatte. Bereits damals hatte man Rom gebeten, das Diakonat der Frau zu prüfen - passiert ist nichts, außer, dass Johannes Paul II. 1994 in seinem Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" festgehalten hatte, dass nur Männer Priester werden dürfen.
"Es reicht einfach nicht", sagte die Synodale Gudrun Lux deshalb in der emotionalen Debatte zum bischöflichen Änderungsantrag. "Das ist die Stützung einer strukturellen Diskriminierung von Frauen", sagte die Erfurter Theologin Julia Knop. Und Katharina Ganz, die Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, musste mit den Tränen kämpfen: "Ich bin existenziell von diesen Fragen betroffen." Sie spüre die Berufung zur Priesterin, aber könne diese nicht leben. "Meine innere Wunde wird erst heilen, wenn wir den vollen Zugang zu den Ämtern haben."
Synodaler Weg:Wie viel Reform wagt die katholische Kirche in Deutschland?
Bischöfe, Priester und Laien treffen auf der fünften Synodalversammlung in Frankfurt Entscheidungen für die Zukunft. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu einem schicksalsträchtigen Termin.
Am Ende waren allerdings alle froh, dass der Text es überhaupt noch auf die Tagesordnung geschafft hatte. Kurz war diskutiert worden, ob man ihn nicht in den Synodalen Ausschuss verschieben könne - das ist ein Gremium, das im Anschluss an den Synodalen Weg seine Arbeit aufnehmen soll, um die Reform-Themen weiter zu beackern.
Ein weiterer Schlüsseltext wurde aber tatsächlich in diesen noch zu bildenden Ausschuss verwiesen. In dem Papier "Gemeinsam beraten und entscheiden" sollte geklärt werden, wie Laien und Bischöfe künftig gemeinsam auf Bistumsebene entscheiden können. Diese Gremien hatte der Vatikan aber erst im Januar für unzulässig erklärt - deshalb wollte man offensichtlich keinen weiteren Konflikt riskieren.
Ohnehin waren viele der bischöflichen Abschwächungswünsche als Reaktion auf den römischen Druck zu verstehen. Zwar werden die Texte seit Monaten in den vier Synodalforen hin- und hergewälzt, aber erst vergangene Woche bei ihrer Frühjahrsvollversammlung meldeten mehrere Bischöfe Änderungswünsche an.
"Wir brauchen eine Eselsgeduld"
Die Bilanz der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, fällt deshalb eher ernüchtert aus: "Wir haben es nicht geschafft, die katholische Kirche in Deutschland strukturell wirklich zu verändern, dreieinhalb Jahre waren nicht genug", sagte sie. Die großen Reformen habe die Kirche noch vor sich, aber so Stetter-Karp, dass sie nun offen auf dem Tisch liegen, das sei ein Verdienst des Synodalen Wegs. Beim Frauenthema brauche man eine "Eselsgeduld", damit man Millimeter für Millimeter weiterkomme.
Einige der Papiere könnten aber tatsächlich das Leben an der Kirchenbasis verändern: Es soll Segensfeiern für sich liebende Paare geben, egal ob sie hetero- oder homosexuell sind oder ob sie bereits einmal geschieden sind und wieder geheiratet haben. Außerdem sollen Laien auch in Gottesdiensten predigen dürfen. Die Grundordnung für den kirchlichen Dienst, wonach offen gelebte Homosexualität kein Kündigungsgrund mehr ist, wurde von den Bischöfen bereits verabschiedet.
Die Synodalen verabschiedeten außerdem mit 95 Prozent Zustimmung ein Papier, das geschlechtliche Vielfalt in der Kirche anerkennt. Bei der Taufe von Kindern mit unklarer Geschlechtsidentität soll es künftig möglich sein, den entsprechenden Eintrag im Taufregister wegzulassen oder an dieser Stelle den Begriff "divers" zu verwenden. Auch sollten transgeschlechtliche Katholiken unkompliziert die Möglichkeit erhalten, ihren Personenstand sowie ihre Vornamen im Taufregister ändern zu lassen.
"Wir haben den Stresstest bestanden", sagte der Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing. Ihm sei ein Stein vom Herzen gefallen, dass man "trotz allen Knirschens und aller Unkenrufe bis hierher gekommen ist".