Türkei:Kılıçdaroğlu will alle Flüchtlinge "nach Hause schicken"

Der sozialdemokratische Präsidentschaftskandidat Kemal Kılıçdaroğlu versucht, im Wahlkampf mit markigen Tönen gegenüber Flüchtlingen zu punkten. (Foto: Alp Eren Kaya - Depo Photos/IMAGO/Depo Photos)

Der türkische Präsidentschaftskandidat schlägt plötzlich einen scharfen Ton gegenüber Flüchtlingen an. Er spricht von zehn Millionen Menschen, die er wegschicken will, wenn er an der Macht ist.

Der türkische Präsidentschaftskandidat Kemal Kılıçdaroğlu hat gut zehn Tage vor der Stichwahl um das Präsidentenamt einen scharfen Ton gegenüber Flüchtlingen angeschlagen. "Sobald ich an die Regierung komme, werde ich alle Flüchtlinge nach Hause schicken. Punkt", sagte Kılıçdaroğlu und sprach von zehn Millionen Menschen im Land.

Auf welche Daten er sich stützte, war zunächst nicht klar. Laut den Vereinten Nationen leben 3,9 Millionen Flüchtlinge in der Türkei. Der Großteil von ihnen stammt aus Syrien. Im Wahlkampf hatte Kılıçdaroğlu bisher davon gesprochen, syrische Flüchtlinge auf freiwilliger Basis und innerhalb von zwei Jahren nach Syrien zurückschicken zu wollen.

Stichwahl gegen Erdoğan nächste Woche

Kılıçdaroğlu war bei den Präsidentschaftswahlen am vergangenen Sonntag hinter Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan gelandet, der den Sieg in der ersten Runde nur knapp verpasste. Weil keiner der beiden Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen erhielt, treten Kılıçdaroğlu und Erdoğan am 28. Mai in einer Stichwahl gegeneinander an. Vor dem Hintergrund von Manipulationsvorwürfen bei der Wahl am Sonntag erklärte Kılıçdaroğlu, mindestens eine Million Wahlbeobachter an die Urnen schicken zu wollen.

Beobachter gehen davon aus, dass besonders die Stimmen aus dem nationalistischen Lager wahlentscheidend sein dürften. Der drittplatzierte Rechtsaußen-Kandidat Sinan Ogan bekam in der ersten Runde gut fünf Prozent. Eine Wahlempfehlung für Erdogan oder Kılıçdaroğlu knüpft er an Zusicherungen. Er steht für eine flüchtlingsfeindliche Politik und fordert verstärkten "Kampf gegen Terror". Ob seine Wähler seiner Wahlempfehlung folgen, wird bezweifelt. Wahlforscher Özer Sencar sagte, er gehe davon aus, dass sie ohnehin mehrheitlich in das Erdoğan -Lager wechseln würden.

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