In Abwandlung der Fußballweisheit könnte man sagen: Nach dem Votum ist vor dem Votum. Italiens Premier Silvio Berlusconi hat bei der Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus die Mehrheit bekommen. Ganz ungewohnt vorsichtig war seine Rede zuvor. Der Regierungschef wollte offenbar kein Porzellan mehr zerschlagen. Der Scherbenhaufen ist bereits hoch genug nach den erbitterten Streitereien des Sommers und den Versuchen der Berlusconi nahestehenden Medien, seinen Ex-Verbündeten Gianfranco Fini zu vernichten.
Die vollmundigen Ankündigungen Berlusconis, er werde sofort Neuwahlen anstreben, wenn ihm Finis Anhänger im Parlament die Stimme verweigern, waren schon seit Wochen leiser geworden und dann praktisch verstummt. Die Umfragen sahen nicht günstig genug aus. Berlusconi machte sich auf die Suche nach Stimmen, um auch ohne Finis Leute eine Mehrheit zu finden. Auf keinen Fall wollte er Kompromisse schließen müssen mit dem Rivalen. Auch das hat offenbar nicht geklappt. So musste sich der Premier kompromissbereit geben, um erst einmal weiterregieren zu können.
Inhaltlich standen kaum Neuigkeiten in seinem Manuskript. Der Premier hat angekündigt, was er bisher in jeder Amtszeit seit 1994 versprochen hat: ein besseres Italien mit Reformen von Steuern bis Justiz, Hilfen für Familien und Unternehmen, weniger Bürokratie. Doch auch in den vergangenen zweieinhalb Jahren kam fast nichts voran, der Premier war vor allem mit seinen Justizproblemen beschäftigt. Und sogar die sind noch ungelöst. Genauso wie die inhaltlichen Konflikte mit Fini. Viel mehr als etwas Zeit bis zum nächsten Mehrheitsproblem ist nicht gewonnen.