Israels Premier in Berlin:Merkel verlangt von Netanjahu Siedlungsstopp

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Nach Ansicht von Kanzlerin Merkel stehen die Chancen für den Nahost-Friedensprozess "sehr, sehr gut" - jedoch nur, wenn Israel den Siedlungsbau einstellt.

Zuversichtliche Töne und klare Forderungen: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich nach ihrem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Berlin optimistisch über die Chancen des Nahost-Friedensprozesses gezeigt - gleichzeitig aber mit Nachdruck einen Stopp des Siedlungsbaus gefordert.

Kanzlerin Merkel und Israels Ministerpräsident Netanjahu (Foto: Foto: AP)

Sie sei der "tiefen Überzeugung", dass die Möglichkeiten für den Nahost-Friedensprozess "im Augenblick sehr, sehr gut sind", sagte Merkel auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Netanjahu. "Ein wichtiger Baustein und eine Voraussetzung" sei aber ein Stopp des israelischen Siedlungsbaus, forderte Merkel.

Ein Staat, in dem die Menschen sicher leben können

Sie wisse, dass die Umsetzung dieses Plans und der Stopp des Siedlungsbaus innenpolitisch nicht sehr einfach sei, erklärte Merkel. "Wir wollen, dass es einen Staat Israel geben wird, in dem die Menschen sicher leben können."

Die Bundeskanzlerin erneuerte ihr Bekenntnis zu einer Zweistaaten-Lösung. Dies sei der "einzige Weg" zu einer friedlichen Lösung.

Netanjahu zeigte sich zuversichtlich, dass die Gespräche über eine Friedenslösung im Nahen Osten in den nächsten ein bis zwei Monaten wieder aufgenommen werden. Er sei unverändert zu einem Treffen mit den Palästinensern ohne Vorbedingen bereit, sagte er. Gleichzeitig bekräftigte Netanjahu aber die Forderung, dass die Palästinenser sein Land als "jüdischen Nationalstaat" anerkennen. "Das ist unsere Vision", betonte er. Auf dem Weg zu einer Verständigung müssten sich nicht nur die Israelis, sondern auch die Palästinenser bewegen.

Vor dem Treffen mit Kanzlerin Merkel traf Netanjahu mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zusammen. Der betonte die Wichtigkeit der Nahost-Friedensgespräche und drängte auf konkrete Schritte Israels und der Palästinenser zur Wiederbelebung des Friedensprozesses.

Mit Blick auf die Atompolitik Irans machte die Kanzlerin deutlich, dass das Land im September auf die Vorschläge der internationalen Gemeinschaft antworten müsse. Wenn diese Antwort nicht befriedigend ausfalle, müsse über eine Erweiterung der Sanktionen gegen Iran nachgedacht werden. Netanjahu forderte seinerseits "lähmende Sanktionen" gegen die Islamische Republik. Der Westen wirft Iran vor, unter dem Deckmantel eines Energiegewinnungsprogramms heimlich an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Die Regierung in Teheran weist dies zurück.

Israelische und palästinensische Medien berichteten unterdessem übereinstimmend, dass unter deutscher Vermittlung neuer Schwung in die Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas-Organisation gekommen sei.

Den Medienberichten zufolge geht es bei den Verhandlungen um die Forderung Israels, 125 der 450 freizulassenden Palästinenser ins Ausland abzuschieben. Syrien und der Sudan seien bereit, die Gefangenen aufzunehmen. Strittig sei aber, wie lange die Männer dann im Exil leben sollen.

Als Zeitpunkt für einen möglichen Austausch werden die Tage nach Ende des Fastenmonats Ramadan und vor Beginn des jüdischen Neujahrsfestes Ende September genannt.

Originalpläne des Konzentrationslagers Auschwitz

Vor seinem Treffen mit Merkel hatte Netanjahu den Springer-Verlag besucht, wo ihm Bild-Chefredakteur Kai Diekmann Originalpläne des Konzentrationslagers Auschwitz übergab. Die historischen Dokumente sollen ab Januar 2010 in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem ausgestellt werden.

Zum Abschluss seines Besuchs wird Netanjahu das Haus der Wannseekonferenz besuchen, in dem die Nationalsozialisten 1942 die Vernichtung der europäischen Juden beschlossen. Berlin ist die zweite Station seiner Europa-Reise. Zuvor war er in London und traf dort Premierminister Gordon Brown und den amerikanischen Nahostgesandten George Mitchell. Am Mittwochnachmittag war Netanjahu in Berlin eingetroffen und war von Bundespräsident Horst Köhler im Schloss Bellevue empfangen worden.

© dpa/AP/Reuters/afp/holz/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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