Israelischer Busfahrer überlebt Terroranschlag:"Ich habe gebremst - und einen Kugelhagel abgekriegt"

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Zwei Männer in Uniform, die scheinbar einen Zaun reparieren. Plötzlich eröffnen sie das Feuer auf einen voll besetzten Bus: Nach der Terrorserie in Israel erzählt der Busfahrer, wie er seine Passagiere aus der Schusslinie der Terroristen brachte.

Seit 44 Jahren arbeitet Benny Bilefsky für die israelische Busgesellschaft Egged, seit einem Vierteljahrhundert fährt er auf der Linie mit der Nummer 392 von Beerscheba nach Eilat - bis die altbekannte Strecke zum tödlichen Terrain wurde.

"Eine Kugel flog an meinem Kopf vorbei": Busfahrer Benny Bilefsky trat aufs Gaspedal und floh vor den Attentätern. (Foto: Getty Images)

Der Bus ist voll an diesem Donnerstag, als Bilefsky ihn um kurz nach acht Uhr morgens aus der Stadt Beerscheba lenkt, auch im Gang stehen Menschen. Viele Soldaten fahren übers Wochenende nach Hause. Auf der Bundesstraße 12 sieht der 67-Jährige ein blinkendes Auto am Straßenrand und in der Nähe zwei Männer in ägyptischer Uniform. Zunächst denkt er, zwei Soldaten würden den Grenzzaun reparieren, der etwa 15 Meter neben der Straße verläuft.

Dann geht alles ganz schnell.

"Ich habe leicht gebremst - und einen Kugelhagel abgekriegt", erzählt er am Tag nach dem Anschlag der Tageszeitung Haaretz. "Ich hatte das Gefühl, sie zielen direkt auf mich, eine Kugel flog rechts an meinem Kopf vorbei und zerschlug die Scheibe zwischen meinem Platz und den Passagiersitzen. Ich drückte das Gaspedal durch, griff zum Telefon und rief die Polizei an." Er rast weiter bis zum Grenzübergang Netafim, der 12 Kilometer nordwestlich der Stadt Eilat liegt. Dort nimmt ein Krankenwagen die von Kugeln oder Glassplittern verletzten Passagiere in Empfang, 31 Menschen werden ins Krankenhaus gebracht.

Die Schüsse auf den Bus bleiben nicht der einzige Angriff an diesem Tag: Eine halbe Stunde später wird ein israelisches Militärfahrzeug mit einer ferngesteuerten Bombe attackiert. Der blutigste Anschlag mit fünf Toten ereignet sich etwa eine Stunde nach dem ersten, als ein privates Fahrzeug in der Grenzregion zu Jordanien von einer panzerbrechenden Rakete getroffen wird. Bei der Anschlagsserie sterben insgesamt acht Menschen, 31 werden verletzt. Bei Schusswechseln zwischen den Bewaffneten und der Polizei kommen außerdem sieben Angreifer ums Leben.

Eine Soldatin erzählt später Haaretz, wie sie versuchte, die Getroffenen notdürftig zu versorgen, während der Bus weiterfuhr. "Ich zog meine Kleidung aus, sogar meinen BH, und band damit die Wunden der Verletzten ab, die viel Blut verloren." Die junge Frau saß mit Freunden in dem Bus, mit einigen Soldaten war sie im selben Ausbildungsjahrgang gewesen.

Eine andere Soldatin berichtet, dass ihr ein Kamerad kurz vor den Schüssen seinen Sitzplatz angeboten hatte. Er stellte sich an ihrer Stelle in den Mittelgang - und wurde Minuten später von einer Kugel am Bein getroffen.

Israel macht Extremisten aus dem Gaza-Streifen für die Anschläge verantwortlich und bombardiert nur wenige Stunden danach bereits ein Haus in Rafah. Dabei werden nach palästinensischen Angaben sechs Menschen getötet, darunter auch der Chef der besonders extremen Organisation "Volkswiderstands-Komitee" (PRC), Awab Airab. In der Nacht auf Freitag greift die Luftwaffe schließlich sieben weitere Ziele im Gaza-Streifen an. Dabei stirbt nach palästinensischen Angaben ein 13-jähriger Junge. Weitere 18 Menschen werden verletzt.

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