Militärisch ist Israel gegen alle Angriffe gewappnet: mit Satelliten im All, Raketenabwehrsystemen am Boden und Kampflugzeugen, die von jedem Feind gefürchtet werden. Doch dann schlägt das Feuer zu - und die Nation ist hilflos. Tagelang wüten die Waldbrände, mehr als 40 Menschen sterben, Tausende werden in die Flucht getrieben, Milliardenschäden verursacht. Manchmal ist eben die Natur der schlimmste Feind, und alle Rüstung ist vergebens.
Noch ehe die letzte Flamme gelöscht und der Rauch verzogen ist, stellt sich auch bei dieser Katastrophe die Schuldfrage: War es die monatelange Dürre, zusammen mit den unberechenbaren Winden? Nein, so einfach ist es nicht. Denn ein Großteil der Schuld entfällt auf Ignoranz, verkörpert von verantwortungslosen Politikern.
Die Feuersbrunst im Karmel-Gebirge hat dem Land eine verheerende Asymmetrie vor Augen geführt. Gerade noch hat der Verteidigungsminister stolz 20 neue Kampfflugzeuge zum Preis von vier Milliarden Dollar in den USA bestellt, da fällt wieder auf, dass es nicht ein einziges Löschflugzeug in Israel gibt. Die gesamte Ausrüstung der Feuerwehr zeigt sich in beklagenswertem Dritt-Welt-Zustand, und es stellt sich heraus, dass im ganzen Land nur 1300 Feuerwehrleute Dienst tun. Das ist pro Kopf der Bevölkerung sechs bis sieben Mal weniger, als es westlichen Standards entspricht. Die bittere Folge: Israels Brandbekämpfer mussten sich hilflos den Flammen ergeben und darauf warten, dass nach 24 Stunden endlich Hilfe aus dem Ausland kam.
Die Katastrophe also wäre vermeidbar gewesen, doch wie kann ein solcher Missstand entstehen in einem sonst so hoch entwickelten Land, zumal die Dürre hier doch chronisch ist und ein Waldbrand an der Tagesordnung? Die Antwort darauf berührt den Kern der israelischen Misere: Die heimliche Atommacht ist unheimlich verrottet. Immer wieder versinkt die Führung in einem Sumpf von Korruption, Politik wird als größtmögliches Geschacher um Partikularinteressen verstanden. Prioritäten werden in einem solchen Gestrüpp nicht nach Notwendigkeit, sondern nach Opportunität gesetzt: Gibst du mir meine Siedlungen, geb' ich dir deine Religionsschulen. Der Großbrand wirft nun ein grelles Schlaglicht auf dieses System. Im Mittelpunkt der Kritik steht der zuständige Innenminister Eli Jischai. Im Kabinett vertritt er die ultra-orthodoxe Schas-Partei, die ihren Wählerauftrag allein so versteht, möglichst viel für die fromme Klientel herauszuschlagen. Die Feuerwehr gehört leider nicht dazu.
Rücktrittsforderungen aber weist Minister Jischai brüsk zurück, schließlich ist er sich keiner Schuld bewusst. Die wirklich Schuldigen nämlich hat Rabbi Ovadia Josef benannt, der spirituelle Führer der Schas-Partei. Der Brand, so hat er am Sabbat gepredigt, sei die Strafe Gottes dafür, dass die Bewohner des Karmel-Gebirges ihre religiösen Pflichten nicht erfüllt haben.