Israel und die USA:Kein Ende im Siedlungsstreit

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Israel und die USA haben sich noch immer nicht auf einen Kompromiss in der Nahost-Politik einigen können. Ein UN-Bericht zum Gaza-Krieg bringt die israelische Regierung derweil immer mehr in Bedrängnis.

Israel und die USA haben sich auch bei einem weiteren Anlauf nicht auf einen Kompromiss im Siedlungsstreit einigen können. Der US-Nahostgesandte George Mitchell sprach den zweiten Tag in Folge sowohl mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als auch mit der Palästinenserführung in Ramallah. Die Treffen gingen jedoch ohne den erhofften Durchbruch zu Ende. Mitchell will nach einer Reise in mehrere arabische Länder, die ihn noch am gleichen Tag nach Beirut und am Abend nach Kairo führte, am Freitag erneut mit Netanjahu konferieren.

Kamen in ihren Gesprächen zu keinem Durchbruch: der US-Nahostgesandte George Mitchell und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. (Foto: Foto: dpa)

Unterdessen bemüht sich die israelische Führung um diplomatische Schadensbegrenzung nach der Veröffentlichung eines kritischen UN- Berichts zum Gaza-Krieg vor acht Monaten. Ein UN-Untersuchungsteam unter Leitung von Richard Goldstone war zu dem Ergebnis gekommen, dass Israelis und Palästinenser sich zahlreicher Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben. Israelische Kritik, der Bericht sei einseitig und anti-israelisch, wies Goldstone kategorisch zurück. "Ich bin zwar nicht überrascht, dafür aber enttäuscht", sagte er zu der israelischen Reaktion. "Niemand hat mir das Ergebnis vorgesagt, es war schließlich das Resultat unabhängiger Untersuchungen unseres Teams." Er forderte Israel auf, selbst eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle während der Offensive im Gazastreifen in Auftrag zu geben.

Der stellvertretende israelische Außenminister Danny Ajalon kündigte Schritte zur "Schadensbegrenzung" an. So wolle er während eines Gesprächs mit der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen in New York, Susan Rice, um die Unterstützung der US- Regierung bitten.

Die Regierung in Jerusalem will verhindern, dass der Goldstone- Bericht vor den Weltsicherheitsrat kommt oder an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag überwiesen wird. Israel hat Sorge, dass dann Politiker wie beispielsweise Verteidigungsminister Ehud Barak oder Ex-Außenministerin Zipi Livni oder Offiziere vom Generalstab bis zur Kommandoebene wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden könnten.

Die Zeit läuft davon

Ziel der aktuellen Mitchell-Mission ist es, Israel zu einem Ausbaustopp in jüdischen Siedlungen zu bewegen. Dies soll den Weg zur Wiederaufnahme der Ende vergangenen Jahres abgebrochenen Friedensverhandlungen mit den Palästinensern frei machen. Ein Kompromiss im Siedlungsstreit soll außerdem die Voraussetzungen für ein Dreiertreffen von US-Präsident Barack Obama mit Israels Regierungschef Netanjahu sowie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Mittwoch kommender Woche in New York ebnen.

Die Zeit läuft Mitchell langsam davon. Bislang konnte sich der Nahost-Gesandte mit Netanjahu weder auf einen Zeitraum noch auf Einzelheiten eines Moratoriums im Siedlungsbau einigen. Darüber hinaus halten die Palästinenser unbeirrt an einem vollständigen Baustopp in allen jüdischen Siedlungen sowohl im Westjordanland als auch im besetzten arabischen Ostteil Jerusalems als Vorbedingung für die Fortsetzung von Friedensgesprächen fest.

450 neue Siedlerhäuser gebilligt

Das lehnt Netanjahu ab. Trotz aller internationalen Proteste hat der für den Bau in den besetzten Gebieten zuständige Verteidigungsminister Ehud Barak 450 neue Siedlerhäuser gebilligt. Darüber hinaus will Israel den bereits begonnenen Bau von 2500 Wohnungen beenden.

Scharfe Kritik am Goldstone-Bericht äußerte Israels Staatspräsident Schimon Peres. Er warf der UN-Untersuchungskommission vor, sie habe "die Geschichte zum Gespött gemacht", weil sie nicht zwischen Angreifer und Verteidiger unterscheide. Die im Gazastreifen herrschende radikale Hamas-Organisation meinte, der Bericht sei "eine klare Verurteilung Israels wegen Kriegsverbrechen gegen Zivilisten".

Die Autonomiebehörde in Ramallah hofft nach den Worten ihres Sprechers Ghassan Chatib, dass die internationale Gemeinschaft Israel für die Verbrechen zur Verantwortung zieht.

"Verbrechen gegen die Menschlichkeit"

Goldstone, der aus Südafrika stammt und selbst Jude ist, hatte in New York gesagt: "Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die Aktionen des israelischen Militärs auf Kriegsverbrechen und in mancher Beziehung vielleicht auch auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen." Israel hatte den 22 Tage langen Militäreinsatz im Gazastreifen mit einem nicht enden wollenden Raketenbeschuss israelischer Grenzgemeinden durch militante Palästinenser begründet. Während des Feldzuges wurden nach palästinensischen Angaben rund 1400 Menschen getötet, darunter 400 Frauen und Kinder. Außerdem kamen 13 Israelis ums Leben.

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