Regierungskrise:Israel wählt bereits im April ein neues Parlament

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Israels Koalitionschefs haben Neuwahlen für April angekündigt. (Foto: dpa)
  • In Israel finden im April 2019 vorgezogene Neuwahlen statt.
  • Auslöser ist eine Krise innerhalb der rechts-religiösen Koalition unter Ministerpräsident Netanjahu.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Es wird nun doch baldige Wahlen in Israel geben: Die Koalition gab am Montag überraschend bekannt, dass man sich auf einen Wahltermin am 9. April geeinigt habe. "Wegen nationaler und budgetärer Verantwortung haben die Verantwortlichen in der Koalition einstimmig entschieden, die Knesset nach einer vierjährigen Legislaturperiode aufzulösen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte, die gegenwärtige Koalition werde "den Kern der künftigen Regierung bilden zum Wohl aller israelischen Bürger". Wegen der Probleme, angesichts der knappen Mehrheit von einer Stimme in der Knesset, Gesetze zu beschließen, sagte Netanjahu: "Wenn das zu schwierig ist, brauchen wir Wahlen."

Nach dem Ausstieg von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und seiner Partei Unser Haus Israel Mitte November hatten mehrere Koalitionspartner rasche Wahlen verlangt, Netanjahu hatte sich jedoch dagegen gestemmt. Er wollte sich eine Neuwahlentscheidung nicht von anderen diktieren lassen. Netanjahu hatte seine Weigerung mit der Sicherheitslage begründet. Spätestens im November 2019 hätten Wahlen stattfinden müssen, nun werden die etwa acht Millionen Bürger einige Monate früher an die Wahlurnen gerufen. In Israel regiert derzeit die nach eigenen Angaben rechteste Regierung seit der Staatsgründung.

Postengeschacher in der Koalition

Mehrere Gesetze, darunter das umstrittene Loyalitätsgesetz im Kulturbereich, konnten nicht mehr verabschiedet werden. Außerdem hatte Netanjahu neben dem Amt des Premierministers noch das Außen-, das Verteidigungsministerium sowie das Gesundheits- und Immigrationsministerium besetzt. Auch darüber gab es zunehmend Unmut in der Koalition. Im Ministerrat kam es zu hitzigen Debatten, insbesondere zwischen Bildungsminister Naftali Bennett und Netanjahu.

Außerdem müsste sich die Regierung bis Mitte Januar auf ein Verfahren zur Einberufung von mehr Ultraorthodoxen zum Wehrdienst einigen, wogegen zumindest zwei Koalitionspartner Vorbehalte haben. Die liberale Zukunftspartei Jesch Atid gab am Montag bekannt, dass man ein entsprechendes Gesetz doch nicht unterstützen werde. Premierminister Netanjahu kommt ein früherer Wahltermin auch deshalb entgegen, weil bisher noch eine endgültige Entscheidung aussteht, ob er in drei Fällen wegen Korruption angeklagt wird. Die Entscheidung trifft der Generalstaatsanwalt, in zumindest zwei Fällen sollen sich Staatsanwälte bereits für eine Anklage ausgesprochen haben. Aber laut israelischer Rechtslage müsste der Premierminister auch im Falle einer Anklage nicht zurücktreten.

Benny Gantz könnte die Arbeitspartei vor einem Absturz bewahren

Vertreter der Oppositionsparteien begrüßen die Neuwahlentscheidung. An der Börse in Tel Aviv gaben die Kurse nach der Wahlentscheidung stark nach. Laut Umfragen liegt die rechte Likud-Partei mit Netanjahu an der Spitze mit großem Abstand in Führung, gefolgt von der liberalen Zukunftspartei von Yair Lapid. Ein wahlbestimmender Faktor wird sein, ob der frühere Militärchef Benny Gantz antritt - mit einer eigenen Liste oder als Kandidat einer anderen Partei. Nur mit Gantz kann die Arbeitspartei einen Absturz verhindern.

Das zentrale Thema im Wahlkampf wird Sicherheit. Nach der Entscheidung der USA, sich aus Syrien zurückzuziehen, fühlt sich die israelische Führung noch stärker auf sich alleine gestellt in ihrem Kampf gegen Iran. Israel will die Ausbreitung Irans in Syrien und im Libanon über die Hisbollah-Miliz verhindern. In israelischen Medien wird die Wahrscheinlichkeit eines Konfliktes mit den Nachbarstaaten als deutlich höher bewertet als vor dem Rückzugsbefehl von US-Präsident Donald Trump. Auch die Spannungen rund um den Gazastreifen nehmen wieder zu, am Freitag hatten israelischen Soldaten vier Palästinenser getötet.

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