Israel:Alles für die Katz'

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Mehr als drei Millionen Euro investiert Israel in seine Samtpfoten - damit es nicht noch mehr werden

Von Peter Münch, Tel Aviv

Tel Aviv am frühen Morgen: Beim Gang aus dem Haus begegnet man als Erstes dieser Katze mit dem getigerten Fell, die wie immer schläfrig auf der Mauer liegt. Ein Artgenosse hält die Mülltonne besetzt, ein paar andere haben es sich auf Dächern oder Motorhauben der geparkten Autos gemütlich gemacht. Man sieht die Katzen überall - und man riecht sie überall. Sie sind die heimlichen Herrscher von Tel Aviv und vieler anderer israelischer Städte, einerseits.

Andererseits sind sie nicht nur eine Plage, sondern sind auch geplagt, weil sie Hitze, Hunger und Krankheiten weitgehend schutzlos ausgeliefert sind. Auf den Straßen fristen sie ein derart elendes Leben, dass Tierschützer regelmäßig Alarm schlagen. Das scheint nun auch die neue Regierung erreicht zu haben. Im künftigen Staatshaushalt, der in dieser Woche zur Verabschiedung ansteht, sollen die Mittel für die Katzen verdoppelt werden. Zusätzliche zwölf Millionen Schekel, umgerechnet 3,25 Millionen Euro, sind vorgesehen zur Sterilisation der Straßenkatzen.

Vorsichtigen Schätzungen zufolge gibt es in Israel mehr als zwei Millionen streunende Katzen, die sich das Land mit neun Millionen Menschen teilen. Unter Letzteren gibt es eine große Zahl an Katzenliebhabern, die an allen Ecken Futter verteilen und Trinkschüsseln aufstellen. In Tel Aviv gibt es sogar ein privat geführtes "Katzen-Hotel", in dem die Tiere sichere Schlafplätze, Futter sowie Kratzbäume und Kuschelkissen vorfinden. In Petach-Tikwa hat die Stadtverwaltung einen "Katzen-Park" eingerichtet, und in Jerusalem wollte der Bürgermeister feste Futterplätze aus dem städtischen Budget finanzieren. Nach einer kurzen Probephase musste das Projekt jedoch eingestellt werden, weil zur Katzenspeisung auch Füchse und Schakale vorbeischauten.

Zur Lösung der Probleme aber, darin sind sich alle einig, muss die Population stark eingeschränkt werden. Damit allerdings hat sich in Israel die Politik oft schwergetan. Unvergessen bleibt der Landwirtschaftsminister Uri Ariel, der sich 2015 mit Verweis auf die Bibel - 1. Buch Mose: "Seid fruchtbar und mehret euch" - gegen ein Sterilisierungsprogramm aussprach. Stattdessen wollte er die Katzen einfangen und ins Ausland verfrachten. Das hat nicht geklappt, weil es zu Hause viele Proteste gab und außerdem kein aufnahmebereites Land.

Jetzt will man sich wieder auf Plan A konzentrieren, auf das Projekt Unfruchtbarkeit. Vorangebracht hat das im Parlament die neue Abgeordnete Yasmin Sax-Fridman von der regierenden Zukunftspartei. Bei ihrer Debütrede hatte sie sich als "Katzenfütterer in der dritten Generation" geoutet und eine "Nationale Straßenkatzen-Behörde" geforderte. Nun hat sie es geschafft, die notwenigen Mittel im Haushalt einzubringen, um das Leiden zukünftiger Straßenkatzen-Generationen zu begrenzen.

Unterstützung fand sie damit bei der Vereinigung der Tierärzte, die "den neuen Geist der Regierung" loben. Tierschützer jedoch klagen der Jerusalem Post zufolge, dass Sterilisationen allein viel zu kurz greifen. Sie fordern mehr Geld und ein umfassendes Programm, mit dem alle Katzen von den Straßen verschwinden und in sichere Obhut kommen.

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