Island:Und noch einer

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Premier, Präsident, Unternehmer: Mehr Offshore-Fälle in Island.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Die Isländer haben viel eingesteckt in den vergangenen Wochen, auch Spott. Ihr Ministerpräsident war der erste Spitzenpolitiker, der wegen der Panama-Enthüllungen zurücktrat. Als der Minister für Fischerei übernahm, scherzte der britische Comedian John Oliver, dies sei in Island wohl typisch: Auf den Premierminister folge der Typ, der für den Fisch verantwortlich ist, auf den die Ministerin für Lakritz-Schnaps und die Elfen, die in Felsbrocken leben. Und dann "jeder in einem Wollpulli, der sich politisch fühlt".

In den Panama Papers tauchen, gemessen an den 330 000 Einwohnern, mehr Namen auf als in jedem anderen Land. Mehr als 600 Isländer sollen dort genannt sein, bekannt wurde bisher unter anderen ein früherer Zentralbank-Chef, Mitglieder des Stadtrats von Reykjavík, mehrere isländische Unternehmer, ein Redakteur der Tageszeitung DV - und nun auch der Familienname von Islands First Lady Dorrit Moussaieff. Das Unternehmen ihrer Eltern, Moussaieff Jewelers Limited, hat Anteile an einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln besessen. Dabei hatte der Ehemann der First Lady, Islands Präsident Ólafur Ragnar Grímsson, nur wenige Tagen zuvor in einem CNN-Interview versichert, über ihn und seine Familie werden es solche Enthüllungen nicht geben: "Nein, nein, nein, nein, nein. Das wird nicht der Fall sein." Nun sagt Grímsson, er habe nichts von der Briefkastenfirma seiner Schwiegereltern gewusst.

Der Präsident ist nicht der erste Isländer, der so argumentiert: Finanzminister Bjarni Benediktsson hatte 2015 erklärt, nie Vermögen in einer Steueroase gehabt zu haben. Dann wurden Informationen über eine Firma auf den Seychellen öffentlich und der Minister erklärte, ihm sei "nicht bewusst" gewesen, wo diese gemeldet war. Doch viele Isländer mögen solche Beteuerungen nicht mehr hören. Seit Wochen gibt es Proteste gegen die Regierung. Fast täglich versammeln sich Demonstranten vor dem Parlament in Reykjavík, auch wenn nicht mehr so viele kommen wie anfangs, sagt Sara Oskarsson, die die Proteste mitorganisiert. Über den Präsidenten und die Offshore-Firma seiner Schwiegereltern sagt sie: "Ich hoffe, dass er seine neue Kandidatur nun zurückzieht." Der Präsident habe dazu noch keine Position bezogen, erklärte ein Sprecher am Dienstag auf Nachfrage der Zeitung Morgunblaðið. Grímsson hatte sich bereits aus dem Amt verabschiedet, erklärte dann aber vergangene Woche, doch bei der Präsidentschaftswahl im Juni anzutreten. Er begründete das auch mit den Protesten nach den Panama-Enthüllungen, Island brauche nun Stabilität.

Zugleich werden ständig neue Fälle bekannt: Am Wochenende gab der Chef des Pensionsfonds Stapi, Kári Arnór Kárason, seinen Rücktritt bekannt. Zwei Offshore-Firmen soll er besessen und seine Vorgesetzten darüber nicht informiert haben. Der Chef eines weiteren Pensionsfonds hatte, wie Reykjavik Media berichtet, ebenfalls Vermögen in einer Steueroase, wie auch der Geschäftsführer der Fortschrittspartei und der frühere Schatzmeister der Sozialdemokraten.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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