Islamistische Terrorzelle in Großbritannien:Gebildet, international, brillant

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Wenige Tage nach den glimpflich verlaufenen, fehlgeschlagenen Anschlägen von London und Glasgow steht fest: Die mutmaßlichen Täter stammen aus verschiedenen Ländern, verbunden hat sie vor allem eins: Britanniens staatliches Gesundheitssystem.

Oliver Das Gupta

Die Festnahme des jungen Paares verlief filmreif. Am Samstag war Mohammed Asha mit seiner Frau Marwah auf der Autobahn M6 unterwegs, als 15 zivile Fahrzeuge den Wagen stoppten - Einsatzkräfte der britischen Polizei.

Die umständliche Operation zur Festnahme von Asha und seiner Frau hatte höchste Priorität: Der 26-Jährige soll Kopf der Terrorzelle sein, die in London und Glasgow verheerende Anschläge anrichten wollte. Seine Eltern beteuern seine Unschuld, zeigten ein Foto, auf dem der Sohn unter anderem mit Jordaniens Königin Noor zu sehen ist.

Ashas Porträt avanciert inzwischen zum Gesicht des Terrors im Vereinten Königreich: Es zeigt einen jungen Brillenträger mit dunklem kurzen Haar, Schnurr- und Kinnbart, mit weißem Hemd und Krawatte.

Der Palästinenser mit jordanischem Pass arbeitet als Neurochirurg an der Universität von North Staffordshire. In Jordanien war er Spitzenschüler, als Mediziner soll er "brillant" sein, schreibt der Daily Telegraph.

Fünf von Ashas mutmaßlichen Komplizen sollen im National Health Service (NHS), dem staatlichen Gesundheitssystem, arbeiten. Die beiden Männer, die den brennenden Jeep in den Flughafenterminal in Glasgow steuerten, sind am Royal Alexandra Hospital in Paisley beschäftigt, melden Daily Telegraph und Times.

Zwei weitere seiner Arbeitskollegen sollen festgenommen worden sein. Auch bei dem Verdächtigen, der in Liverpool in Gewahrsam genommen wurde, soll es sich den Berichten zufolge um einen angehenden Mediziner handeln.

Von Liverpool nach Brisbane

Ebenfalls soll der in Australien gefasste achte Terrorverdächtige - er wollte das Land per Flugzeug verlassen - früher in Liverpool gearbeitet haben. Der Mann sei über eine Zeitungsanzeige aus Liverpool in England für seinen Job in Australien angeworben worden und habe seit zehn Monaten im Gold-Coast-Krankenhaus in Brisbane gearbeitet, schreibt die australische Zeitung Courier and Mail.

Die mutmaßlichen Terroristen im Ärztekittel stammen aus verschiedenen Ländern: Asha ist Jordanier, der lebensgefährlich verletzte Fahrer des Glasgower Jeeps soll Libanese sein, sein Mitfahrer ein Iraker aus Bagdad, der Festgenommene in Brisbane hat einen indischen Pass. Einige der Verdächtigen verfügen über erstklassige Qualifikationen - der Zugang für einen Job im britischen Gesundheitssystem.

Auch Briten Teil der Terrorzelle?

Mehr als 6000 der rund 240.000 in Großbritannien tätigen Ärzte hätten ihre Ausbildung in Ländern des Nahen Ostens erhalten, berichtete die Daily Mail. Viele von ihnen seien "nur oberflächlich" überprüft worden. Nun sollen die Regeln für die Einstellung von ausländischen Medizinern überprüft werden.

Die Financial Times schreibt von einem "Netzwerk ausländischer Doktoren". Doch vermutlich beschränkt sich die Suche nicht nur auf Ausländer: Der Guardian zitiert namentlich nicht genannte britische Antiterrorkämpfer, die auch britische Staatsbürger, an der "Verschwörung" beteiligt sehen.

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