Nordrhein-Westfalen:Terroralarm in Heinsberg

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Beim Bundesgerichtshof sollen fünf Terrorverdächtige dem Haftrichter vorgeführt werden. (Foto: Uli Deck/dpa)
  • In Nordrhein-Westfalen haben die Behörden vier Mitglieder einer mutmaßlichen Terrorzelle festgenommen.
  • Die Männer sollen im Namen des sogenannten Islamischen Staats Anschläge in Deutschland geplant haben.
  • Im Fokus der Gruppe waren offenbar Einrichtungen des US-Militärs und ein "tadschikischer Dissident".

Von Florian Flade

Am frühen Mittwochmorgen rückte die Staatsmacht an. Im Kreis Heinsberg, in Nordrhein-Westfalen. Nicht wegen der Corona-Pandemie, die den Landkreis in den vergangenen Wochen bundesweit bekannt gemacht hat, sondern wegen eines Terrorverdächtigen. Der Mann, der von den Polizeibeamten festgenommen wurde, soll ein Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sein - und Anschläge in Deutschland geplant haben.

Insgesamt vier Beschuldigte ließ der Generalbundesanwalt an unterschiedlichen Orten in Nordrhein-Westfalen festnehmen. Neben dem Kreis Heinsberg gab es auch Festnahmen und Durchsuchungen in Essen, in Siegen und Neuss. Sie richten sich gegen Männer im Alter zwischen 24 und 32 Jahren, allesamt tadschikische Staatsangehörige. Noch im Laufe des Tages sollen sie einem Haftrichter in Karlsruhe vorgeführt werden.

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"Wir hatten die Beschuldigten lange im Blick", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Heribert Reul (CDU) im Anschluss an die Festnahme. An der Überwachung der Tadschiken sei neben der Düsseldorfer Polizei auch der Verfassungsschutz beteiligt gewesen. Drei der Islamisten seien als sogenannte "Gefährder" eingestuft gewesen, denen man jederzeit schwere Straftaten zutraue, so Reul. Ein Anschlag habe jedoch nicht unmittelbar bevorgestanden.

Im Fokus der Gruppe stand wohl auch ein "tadschikischer Dissident"

Als Kopf der mutmaßlichen Terrorzelle gilt der 30-jährige Ravsan B., der fünfte Beschuldigte. Der Tadschike sitzt bereits seit März 2019 in der Justizvollzugsanstalt in Wuppertal in Untersuchungshaft. Die Polizei hatte bei ihm eine scharfe Waffe gefunden. Nach Erkenntnissen der Düsseldorfer Polizei, die das Verfahren unter dem Namen "Takim" führte, soll die Gruppe um Ravsan B. Terroranschläge auf US-Militäreinrichtungen in Deutschland geplant haben. So sollen bereits Luftwaffenstützpunkte ausgekundschaftet worden sein.

Zudem soll die Zelle auch einen Mordanschlag auf eine Person geplant haben, die "sich aus Sicht der Beschuldigten islamkritisch in der Öffentlichkeit geäußert hatte", wie die Bundesanwaltschaft mitteilte. Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR gehen die Ermittler davon aus, dass es sich dabei um einen "tadschikischen Dissidenten" handelt, der in Nordrhein-Westfalen lebt. Die Person soll in der Vergangenheit bereits konkret ausgekundschaftet worden sein.

Die Islamisten sollen, so die Bundesanwaltschaft, "mit zwei hochrangigen IS-Führungsmitgliedern in Syrien und Afghanistan" in Kontakt gestanden und von diesen Anweisungen erhalten haben. Zunächst hätten die Beschuldigten geplant, nach Tadschikistan auszureisen, um dort gegen die Regierung zu kämpfen. Dann aber hätten sie sich entschlossen, stattdessen Attentate in der Bundesrepublik zu verüben.

Mordauftrag in Albanien

Zu diesem Zweck sollen sich die Männer bereits "scharfe Schusswaffen nebst Munition" beschafft haben. Ravsan B. soll zudem eine Bauanleitung für einen Sprengsatz besessen und sich im Internet dafür die "notwendigen Komponenten" bestellt haben.

Die Ermittler gehen davon aus, dass Ravsan B. und die anderen Beschuldigten auch Gelder an die Terrormiliz IS transferiert haben, unter anderem über Finanzagenten in der Türkei. Außerdem soll Ravsan B. einen Mordauftrag in Albanien angenommen haben, für den er 40 000 US-Dollar erhalten sollte. Er reiste daraufhin mit einem der anderen Beschuldigten nach Albanien. Zu einem Attentat aber soll es nicht gekommen sein, woraufhin die beiden wieder nach Deutschland zurückkehrten.

In Sicherheitskreisen heißt es, die tadschikische Gruppe habe schon längere Zeit im Visier der Ermittler gestanden. Eine unmittelbare Gefahr sei von den Terrorverdächtigen allerdings nicht ausgegangen.

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