Iran:Atomabkommen vor dem Aus

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Iranische Anlage für die Konversion von Uran in Isfahan. Der Prozess ist für die spätere Anreicherung notwendig. (Foto: Getty)

Der Deal mit Iran galt als Sieg der Diplomatie. Seit dem Ausstieg der USA wurde darum noch gerungen. Doch die Tötung des iranischen Generals Soleimani beschleunigt nun den schon schleichenden Tod.

Von Paul-Anton Krüger

Mit dem Atomabkommen aus dem Sommer 2015 hatten US-Präsident Barack Obama und auch die Europäer die Hoffnung verbunden, dass es zu einer Annäherung mit Iran kommen würde. Das hat sich nie wirklich erfüllt, weil erst Irans Oberster Führer Ali Chamenei eine Öffnung seines Landes nach Westen blockierte und dann US-Präsident Donald Trump den Ausstieg aus dem Abkommen verkündete. Die Eskalation mit der Tötung des iranischen Revolutionsgarden-Generals Qassim Soleimani durch die USA beschleunigt nun den schleichenden Tod der Vereinbarung, die einmal als Sieg der Diplomatie gefeiert wurde.

Am Sonntag verkündete Iran, sich künftig nicht mehr an die Begrenzungen gebunden zu fühlen, weder was die Menge noch den Anreicherungsgrad von Uran angeht, die Zahl der eingesetzten Zentrifugen in den Anreicherungsanlagen oder seine Programme zur Erforschung und Entwicklung von Atomtechnologie. Künftig werde Iran sich allein nach seinen "technischen Anforderungen" richten.

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Will man das Positive an dieser Entscheidung sehen, worum sich europäische Diplomaten bemühen, bleibt: Iran hält sich viel Verhandlungsspielraum offen. Weder weist Iran die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) aus, noch verlässt das Land den Atomwaffensperrvertrag oder das Abkommen. Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagt gar, sollten die Sanktionen gegen Iran aufgehoben werden, kehre sein Land zur Einhaltung des Abkommens zurück.

Das allerdings ist nun unwahrscheinlicher als je zuvor seit Trumps Rückzug. Die Vermittlungsbemühungen der Europäer, maßgeblich von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dürften ebenso am Ende sein. Indes sind die "technischen Anforderungen" eine Nebelkerze: Ob Iran bald wieder Uran auf 20 Prozent oder höher anreichert, ist vor allem eine politische Entscheidung des Regimes. Das Atomprogramm wird mehr noch als bisher Faustpfand im Ringen mit den Europäern und den USA.

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Iran rückt seit Mai in Schritten alle 60 Tage immer weiter von dem Abkommen ab. Sarif stellt das als gerechtfertigte Antwort darauf dar, dass die Europäer Iran nicht ermöglichten, Öl zu verkaufen, wie vor den neuerlichen US-Sanktionen - was die EU auch bei bestem politischen Willen schlicht nicht leisten kann. Iran steht allerdings allein mit der Haltung, dass der nun fünfte und finale Schritt wie die vorangegangenen mit dem Abkommen vereinbar seien. Die Europäer betrachten das als Bruch der Vereinbarung - und werden sich bald zu einer Reaktion gezwungen sehen.

Wie diese aussehen wird, hatten sie Iran Ende 2019 klargemacht: die Auslösung des Streitbeilegungsmechanismus. Wird dann keine Einigung erzielt, stehen letztlich wieder EU-Sanktionen und auch die Wiedereinsetzung der Strafmaßnahmen des UN-Sicherheitsrates im Raum. Das würde man gerne vermeiden. Doch wenn Iran die theoretische Zeit, die das Land für den Bau einer Bombe bräuchte, unter ein Jahr verkürzt, wird der Handlungsdruck steigen. Das Atomabkommen wäre dann auch ein Kollateralschaden der Tötung Soleimanis - was Trump zweifellos billigend in Kauf genommen hat.

© SZ vom 07.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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