Iran:Trumps finale Golfpartie

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Die USA und Iran stehen sich seit dem Sturm auf die amerikanische Botschaft in Teheran 1979 feindlich gegenüber. Das wird auch Joe Biden nicht ohne Weiteres ändern können. (Foto: MAJID ASGARIPOUR/Via REUTERS)

Der US-Präsident ist abgewählt, seine harten Sanktionen gegen Iran will er jedoch wohl noch verstärken. Einen Neustart der US-Nahost-Politik unter Joe Biden will der Amtsinhaber so erschweren.

Von Paul-Anton Krüger, München

In Pennsylvania wurden noch die Stimmen der US-Präsidentenwahl gezählt, da stieg Elliott Abrams am Samstag ins Flugzeug. Er ist der Sondergesandte von Amtsinhaber Donald Trump für Venezuela und seit einiger Zeit auch noch für Iran. Seine Dienstreise führt ihn in den Nahen Osten. Am Sonntag sprach er in Jerusalem mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu und Sicherheitsberater Meir Ben-Shabbat, am Montag sollte er Verteidigungsminister Benny Gantz und Außenminister Gabi Aschkenasi treffen. Weiter führt ihn die bis Donnerstag anberaumte Reise in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Saudi-Arabien.

Das Thema der Gespräche? Wie die USA bis zum Ende der Trump-Regierung am 20. Januar die Sanktionen gegen das Regime in Teheran noch einmal drastisch verschärfen können. Damit will Trump es dem designierten Präsidenten Joe Biden möglichst schwer bis wenn nicht gar unmöglich zu machen, das Atomabkommen mit der Islamischen Republik wieder zu beleben.

Barak Ravid, ein israelischer Journalist, der für die US-Nachrichtenseite Axios schreibt, berichtet unter Berufung auf israelische Quellen, die USA wollten Iran mit Sanktionen überfluten und jede Woche ein neues Paket mit Strafmaßnahmen verkünden. Israel steuere Geheimdienstinformationen bei, um Ziele zu identifizieren, nachdem Trump bereits de facto Irans gesamten Finanzsektor, die Gas- und Ölindustrie samt der Tankerflotten sowie die für den Export und Arbeitsplätze in Iran wichtige Metallindustrie auf die schwarze Liste gesetzt hat.

Ziel der neuen Sanktionen: Biden die Aufhebung zu erschweren

Dabei hat die US-Regierung inzwischen ihren Ansatz verbreitert: Die jüngsten Sanktionen gegen die Ölindustrie und den zuständigen Minister, Bijan Namdar Zanganeh, begründete das Finanzministerium nicht mit Unterstützung des Atomprogramms, sondern mit der Finanzierung der Revolutionsgarden, die Washington als terroristische Vereinigung eingestuft hat. Künftige Strafen dürften auch mit der Unterstützung für das Raketenprogramm oder Menschenrechtsverletzungen begründet werden.

Das, so die Logik, werde es Biden erschweren, die Sanktionen aufzuheben im Zuge neuer Diplomatie mit Iran - oder zumindest den politischen Preis in die Höhe treiben. Biden hat angekündigt, er wolle die USA zurück ins Atomabkommen führen, wenn Iran dessen Bestimmungen wieder uneingeschränkt einhält - und es dann als Grundlage für Verhandlungen über einen umfassenderen Deal nutzen, der auch das Raketenprogramm oder Irans aggressive Politik in der Region umfassen solle.

Rohani zeigt sich konstruktiv - scheidet aber bald aus dem Amt

Offen ist, ob er in Iran Partner dafür findet. Präsident Hassan Rohani forderte am Sonntag, die neue US-Regierung solle die Möglichkeit nutzen, Trumps Fehler wiedergutzumachen. Iran bevorzuge "konstruktive Interaktion mit der Welt". Doch ist Rohani auch nur ein gutes halbes Jahr im Amt. Die Hardliner mit dem Obersten Führer Ali Chamenei an der Spitze werden seinem Lager der pragmatischeren Konservativen vor der Präsidentenwahl Mitte Juni kaum die Chance auf einen politischen Befreiungsschlag lassen - zumal sie durch Trumps Rückzug aus dem Abkommen ihr Misstrauen in die USA bestätigt sehen.

Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif indes schrieb auf Twitter an "unsere Nachbarn"; gemeint waren die Vereinigten Arabischen Emirate und vor allen Saudi-Arabien: "Trump wird in 70 Tagen weg sein. Aber wir werden immer hier bleiben." Es sei nie eine gute Wette, sich bei der eigenen Sicherheit auf externe Akteure zu verlassen. Diese Ansage bettete er in ein Angebot zum Dialog. Sie gibt aber recht präzise das Dilemma wieder, in dem sich Riad und Abu Dhabi nun befinden.

Saudi-Arabiens König Salman und Kronprinz Mohammed gratulierten Biden recht einsilbig erst Sonntagabend. Sie hatten in den vergangenen Jahren voll auf Trump gesetzt. Unvergessen die Szene, wie Salman und Trump bei dessen erstem Staatsbesuch im Ausland überhaupt die Hände auf einen weiß leuchtenden Globus legten. Nach den Verwerfungen mit Trumps Vorgänger Barack Obama hielten manche am Golf Trump für eine Art Messias, der die alte Hackordnung in der Region wiederherstellen würde.

Diese Hoffnungen erfüllten sich allenfalls zum Teil, Biden aber sieht man in Riad und Abu Dhabi mit einiger Skepsis entgegen. Er dürfte zu Obamas Devise zurückkehren, dass sich die verfeindeten Regionalmächte arrangieren müssen. Schwierig aufrecht zu erhalten wird auch die Isolation Katars, die neben Mohammed bin Salman vor allem Mohammed bin Zayed betrieben hat, der faktische Herrscher in den Emiraten. Auch hat Biden im Wahlkampf angekündigt, die Waffenlieferungen für den maßgeblich von Saudi-Arabien geführten Krieg in Jemen zu stoppen - entsprechende Initiativen aus dem Kongress scheiterten bislang an Trumps Veto.

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