Irak: Ministerpräsident Maliki:Meister der Manipulation

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Iraks eigentlich nicht gewählter Ministerpräsident Maliki hält sich mit Tricks und Geschacher im Amt.

Tomas Avenarius

Wenn einer die Wahl der Stimmenzahl nach verliert, aber unverdrossen an seinem Amt festhält, dann kann man das als undemokratisches Verhalten brandmarken. Man kann darin auch raffiniertes Taktieren im Trüben der irakischen Machtpolitik sehen. Bagdads Premierminister Nuri al-Maliki hat bei der Parlamentswahl im März nicht genug Wählerzuspruch bekommen, die Kabinettsneubildung allein zu bestimmen. Trotzdem wird er seinen Regierungssessel freiwillig kaum räumen.

US-Vizepräsident Joe Biden soll die Regierungsbildung nun durch Gespräche mit Maliki und dem bei der Wahl vorn liegenden Iyad Allawi vorantreiben. Das ist ambitioniert. Maliki weiß, dass ein guter Teil der US-Soldaten im August abziehen wird; fast zwei Drittel ihrer Ausrüstung sind bereits in Container verpackt. Die im Land verbleibenden 50000 "US-Berater" können nur noch punktuell eingreifen. Echten Druck auf die Bagdader Regierung ausüben werden sie nicht mehr - weshalb Vermittler Biden hilflos wirkt. In den Worten eines Maliki-Sprechers: Die USA wollen helfen. Aber ihr Einfluss ist begrenzt.

Klar scheint zu sein, dass die Iraker ihr Regierungsproblem allein lösen werden - auf ihre Art. Dies bedeutet weiteres Taktieren und Manipulieren, wenn es sein muss, über Monate. So schafft es Maliki seit der Wahl das Bild zu bestimmen: Durch Bündnisse mit den verschiedenen Parteien und durch eigenwillige Auslegung von Verfassung und Gesetz. Neben dem Geschacher wird es weiter Mordanschläge auf Oppositionsparlamentarier geben, deren Urheberschaft nicht nachweisbar ist. Der für unfeine Methoden berüchtigte Premier kontrolliert zudem die Sicherheitskräfte. Im schlimmsten Fall kann er eine Situation schaffen, in der er den Notstand ausruft und die Regierungsbildung endgültig vertagt.

Es sollte aber nicht vergessen werden, dass Maliki gefährliche Feinde hat: Wenn sie ihre Rechte nicht im Parlament verfechten können, dürften die Sunniten rund um Allawi bald wieder auf Gewalt setzen. Mit den US-Truppen verlieren sie ihre Schutzpatrone, die einen Teil der sunnitischen Untergrundkämpfer in die Uniformen von Dorfmilizen gesteckt und mit üppigem Sold auf die Seite der Regierung gebracht hatten. Ebenso ablehnend bleiben die Sadristen. Die radikale schiitische Islamistenpartei verbindet mit dem Schiiten Maliki kaum etwas außer unbezahlten Rechnungen: Sein Militär hatte die Sadristen-Miliz vor zwei Jahren zusammengeschossen, viele Sympathisanten sind in Haft.

Als Fazit bleibt: Die Hoffnung, die in die Parlamentswahl gesetzt wurde, ist enttäuscht worden. Der Irak, der weder Parteien im herkömmlichen Sinne noch verantwortungsbewusste Politiker oder die nötigen Kontrollinstanzen hat, wird auch nach der formal korrekten Abstimmung entlang ethnischer Bruchlinien regiert werden - von den Männern, die die Iraker am rücksichtslosesten zu manipulieren wissen. Maliki ist darin Meister.

© SZ vom 05.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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