Irak:Blutiger Feiertag

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Die Menschen kauften gerade für Eid al-Fitr, das Fest des Fastenbrechens, ein, als der Selbstmordattentäter die Bombe zündete. (Foto: REUTERS)

Terroristen des Islamischen Staats töten am Ende des Ramadan mehr als hundert Zivilisten.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Es war ein äußerst blutiges Ende des Fastenmonats Ramadan, der Muslimen auch als Monat des Friedens gilt. Nicht so den Schlächtern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Sie schickten einen Selbstmordattentäter mit einem Auto auf den Marktplatz der von Schiiten bewohnten irakischen Kleinstadt Khan Bani Saad, die auf halbem Weg zwischen Bagdad und Baquba liegt, der Hauptstadt der Provinz Diyala. Drei Tonnen Sprengstoff hatte das Auto laut der Bekennernachricht geladen, als es am Freitagabend explodierte. Die Menschen kauften da gerade ein für Eid al-Fitr, das Fest des Fastenbrechens. Es ist das zweithöchste Fest des Islam.

Das ganze Ausmaß wurde erst am Wochenende klar: Mindestens 110 Menschen starben bei dem Anschlag. Es war einer der schwersten überhaupt im Irak. Und die Zahl der Opfer dürfte weiter steigen. Etliche Gebäude stürzten ein; unter ihnen liegen wohl noch Menschen begraben. Mehr als 20 werden vermisst. Und viele der mehr als 130 Verletzten sind in kritischem Zustand, zudem ist die medizinische Versorgung schlecht. Ein Polizist beschrieb der Nachrichtenagentur Reuters, wie Anwohner Körperteile in Obstkisten einsammelten, mit denen sie gerade noch das Festessen zu ihren Familien bringen wollten. Unter den Opfern waren Kinder und Frauen.

Der Anschlag habe den "Abtrünnigen" gegolten, hieß es in der Stellungnahme des IS, eine Chiffre für Schiiten. Sie gelten den radikalen Sunniten als Ungläubige. Man habe schiitische Milizionäre angegriffen und IS-Kämpfer gerächt, die bei Hawija umgekommen waren. Truppen der Regierung in Bagdad und schiitische Milizen hatten im Frühjahr den IS in Teilen der Provinz Diyala zurückgeschlagen. In Hawija, so berichteten damals Anwohner, hätten IS-Kader Dutzende Kämpfer getötet, die vor den Gefechten zu fliehen versuchten. Es gab aber auch andere Berichte. So ist nicht auszuschließen, dass Schiiten-Milzen dort Rachemorde an IS-Mitgliedern oder anderen Sunniten begangen haben.

Es ist ein Rückschlag für die Regierung. Zuvor waren die Extremisten vertrieben worden

Es ist ein schwerer Rückschlag für die Regierung von Premier Haidar al-Abadi. Sie hatte das sowohl von Schiiten als auch Sunniten bewohnte Gouvernement Diyala für vom IS befreit erklärt. Die Extremisten waren dort zwar weiterhin aktiv, es war aber zumindest gelungen, sie aus den Dörfern und Städten zu vertreiben. Zuletzt hatte die Regierung in Bagdad sich auf eine Offensive in der überwiegend sunnitischen Provinz Anbar verlegt.

Auch in Jemen kam es zu einem folgenschweren Angriff mit vielen toten Zivilisten. In der Stadt Aden seien bei Raketenangriffen der Huthi-Rebellen 43 Zivilisten getötet und mehr als hundert weitere verletzt worden, berichtete der Chef der örtlichen Gesundheitsdienste, Al-Chadr Laswar, am Sonntag. Auch in den Stadtteilen Chor Maksar, Crater und Tawahi lieferten sich die schiitischen Rebellen heftige Gefechte mit Soldaten und Milizen, die den nach Saudi-Arabien geflüchteten Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi unterstützen. Hilfe erhielten die Hadi-treuen Truppen aus der Luft von einer von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition. Allein in Chor Maksar wurden nach Augenzeugenberichten neun Huthi-Kämpfer getötet. Am Freitag hatte die Exilregierung Aden für "befreit" erklärt.

© SZ vom 20.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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