Irak:Abadi räumt auf

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In Bagdad hat der Premier eine wichtige Reform erreicht. Mehrere einflussreiche Vizeposten in der Regierung werden abgeschafft.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Der irakische Premierminister Haidar al-Abadi hat am Dienstag die Zustimmung des Parlaments für eine Reform der Regierung gewonnen. Er will damit die notorische Korruption eindämmen und die Arbeit der Verwaltung effizienter machen. Zugleich ist es Abadi damit gelungen, seine eigene Position im komplexen Machtgefüge der irakischen Politik zu stärken.

Die Reform sieht vor, die jeweils drei Posten der Vizepräsidenten und stellvertretenden Regierungschefs abzuschaffen. Damit verliert Abadis nach wie vor als entscheidender Strippenzieher geltender Vorgänger Nuri al-Maliki sein Amt - aber auch Ayyad Allawi und Osama al-Nujaifi, zwei weitere einflussreiche Männer, die seit dem Sturz Saddam Husseins durch die Amerikaner im Jahr 2003 die Politik mit geprägt hatten. Damit soll bei den aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen für die Amtsträger Geld eingespart werden.

Zugleich beschloss das Parlament, die nach Konfessionen und Volksgruppen festgelegten Quoten für die Besetzung von Regierungsämtern zu kippen. Sie war anfällig für Patronage-Netzwerke und brachte in vielen Fällen loyale, aber inkompetente Mitarbeiter in Führungspositionen. Maliki wird vorgeworfen, sogar höhere Ränge in der Armee mit Günstlingen besetzt zu haben und damit wesentlich mit dafür verantwortlich zu sein, dass im Sommer vergangenen Jahres ganze Divisionen der demoralisierten Truppe vor der Terrormiliz Islamischer Staat davonliefen. Auch hat Maliki, ein Schiit mit engen Verbindungen nach Teheran, konsequent die sunnitische Minderheit ausgegrenzt und so die Gräben zwischen den Glaubensgruppen vertieft.

Abadi hatte ihn vor einem Jahr auf Druck der Amerikaner und anderer westlicher Staaten, aber auch mit Einverständnis Irans abgelöst. Er versprach zu seinem Amtsantritt weitreichende Reformen und eine Versöhnung des Landes, galt aber zuletzt als schwacher Regierungschef, auch wenn ihm gute Absichten bescheinigt wurden. Nun machte er sich den Druck von der Straße zunutze. Bei Temperaturen jenseits der 50 Grad protestierten in den vergangenen Wochen in Bagdad Zehntausende Iraker gegen die ständigen Stromausfälle - mit denen jedes Mal auch die Klimaanlagen lahm liegen und die Hitze unerträglich wird. Um das Leid der Menschen zu lindern, verlängerte die Regierung das Wochenende auf vier Tage. Viele Iraker müssen Schmiergeld zahlen für die Versorgung mit Strom und Wasser. Die Demonstranten protestierten denn auch bald allgemein gegen die Korruption.

Wichtiger aber noch dürfte für Abadi die Unterstützung von Großayatollah Ali al-Sistani sein. Der wichtigste schiitische Kleriker des Landes ließ in der jüngsten Freitagspredigt verkünden, der Premier müsse "mutiger" seine Reformen vorantreiben und "mit eiserner Faust gegen jeden vorgehen, der sich mit dem Geld der Menschen zu schaffen mache". Die Ausgaben für den Krieg gegen den Islamischen Staat und die niedrigen Ölpreise haben zu einer Haushaltskrise im Irak geführt, mit der auch eine merkbare Verschlechterung öffentlicher Dienstleistungen wie der Wasser- und Stromversorgung einhergeht.

Sistanis Verdikt trauten sich weder Maliki noch andere Politiker zu widersetzen - sie versicherten ihre Unterstützung für Abadis Versuch, mit dem politischen System aufzuräumen. Zugleich spielen vor allem in der Sicherheitspolitik außerhalb der Verfassung stehende Akteure eine zentrale Rolle: die schiitischen Milizen, die nun auch in der sunnitisch dominierten Provinz Anbar den IS bekämpfen sollen. Sie haben bislang Abadi oft vor sich hergetrieben, auch mit Billigung Malikis, der sich immer wieder selber als Nachfolger Abadis ins Spiel gebracht hat.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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