Internationale Politik:Sofort mittendrin

Lesezeit: 3 min

Guten Tag, ich bin der Neue: Außenminister Maas beim Kennenlernen mit UN-Generalsekretär Guterres. (Foto: Seth Wenig/AP)

Zum Warmlaufen blieb ihm keine Zeit: Schon bei seinem ersten Besuch bei den Vereinten Nationen wirbt Außenminister Maas um einen Sitz im Sicherheitsrat.

Von Mike Szymanski, New York

Heiko Maas hat bei seinem ersten Besuch als Außenminister in den Vereinigten Staaten schon was erreicht: Es gibt jetzt einen "Freundeskreis Klima und Sicherheit". Als er am Abend vor seinem Auftritt im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im "German House" Vertreter karibischer und pazifischer Inselstaaten zu Gast hat, stellt er auch schon mal einen seiner wichtigsten Verbündeten vor. Es ist der Inselstaat Nauru. Kreisrund, um die 10 000 Einwohner. Auf der Karte betrachtet ist Nauru nur ein Pünktchen im Pazifik.

Klimafragen, Sicherheitsfragen - wäre das nicht auch wichtiger Gesprächsstoff mit der Trump-Administration in Washington gewesen? Braucht Maas nicht ganz andere Partner als Nauru? Sein erster USA-Besuch in neuer Funktion bleibt jedenfalls unvollständig. Es wäre üblich, den Besuch bei den Vereinten Nationen in New York mit einem Abstecher nach Washington zu verbinden. Dann aber hat US-Präsident Donald Trump unter anderem seinen Außenminister Rex Tillerson entlassen. Gerade ist die amerikanische Seite mal wieder dabei, sich neu zu sortieren. Kein guter Zeitpunkt für den Neuen aus Deutschland, sich vorzustellen.

Dann eben New York. Antrittsbesuch bei den Vereinten Nationen. Das lässt sich wiederum auch als Signal an Trump verstehen. Der ist ja der Ansicht, die Vereinten Nationen seien kaum mehr als eine gigantische, internationale Quasselbude. Aber Maas macht bei seinem ersten Auftritt im Sicherheitsrat klar, dass die Welt "robuste" multilaterale Institution brauche: "Wir brauchen starke Vereinte Nationen."

Als er an der lauten und zugigen 1st Avenue Journalisten erklärt, warum er hier ist, wirkt er ein wenig ergriffen davon, an diesem Ort zu sein, an dem sich Weltpolitik auf winzigem Raum verdichtet. UN-Generalsekretär António Guterres nimmt sich am Mittwoch Zeit für den Neuen aus Deutschland. Er soll auch Nikki Haley später am Tag treffen, die Ständige Vertreterin der USA. Immerhin.

Ein Land wie Deutschland könne sich nicht wegducken, findet der neue Außenminister Maas

Es ist auch eine Bewerbungstour, zu der Maas am Dienstag in Berlin aufgebrochen ist. Deutschland strebt für 2019 und 2020 zum sechsten Mal einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat an. Am 8. Juni ist es wieder so weit, dann wird gewählt. Die Chancen stehen eigentlich ganz gut. Aber sicherheitshalber macht Maas in New York noch einmal die große Runde. Deshalb hat er auch die Inselstaaten-Vertreter zum Abendessen eingeladen. Sie will er durch Verweise auf die Klimapolitik davon überzeugen, dass Deutschland mehr Einfluss braucht. Deshalb hat er auch Professor Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mitgenommen.

Klimawandel und Sicherheitsfragen hängen für die Deutschen zusammen. Dort, wo Staaten ihr Geld dafür ausgeben müssen, etwa Hurrikan-Schäden zu beseitigen, fehlt es für Bildung, Wirtschaft. Wer die vielen kleinen Inselstaaten hinter sich bringt, kann aber auch mit vielen Stimmen bei der Wahl rechnen. Deutschland braucht eine Zweidrittelmehrheit.

In seiner ersten Regierungserklärung als Außenminister hatte Maas schon einmal vor den Abgeordneten umrissen, was es bedeutet, wenn Deutschland mit der Bewerbung Erfolg hat. Dann nämlich würde die Bundesrepublik ein Stück Verantwortung "für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit" tragen. "Wer dort sitzt, wird schwierige Entscheidungen zu treffen haben", sagte Maas. Er erinnerte an das Jahr 2003, als Deutschland einen der nichtständigen Sitze innehatte und es um den Irakkrieg ging. Und 2011, zum Zeitpunkt des Libyen-Konflikts, als ausgerechnet Deutschland sich enthielt und damit ein Stück weit isolierte. Lange her. Ein Land wie Deutschland könne sich eben nicht wegducken. "Das ist der Preis der Verantwortung", sagte Maas.

Neben den fünf ständigen Mitgliedern USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, sind zehn nichtständige Sitze zu verteilen, jeweils für zwei Jahre. Deutschland - das sich im Acht-Jahres-Rhythmus bewirbt und daraus auch schon eine Art Gewohnheitsrecht ableitet - bekommt diesmal Konkurrenz: Belgien und Israel bewerben sich ebenfalls. In den USA machen konservative Kreise Stimmung gegen die deutsche Kandidatur. Von einem "schamlosen Machtkampf" Deutschlands gegen Israel war schon die Rede. Der designierte US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, mischte sich auf Twitter ein: Er forderte, Deutschland müsse eine alte Vereinbarung aus den Neunzigerjahren zugunsten Israels respektieren. Von einer solchen Absprache will man in Berlin nichts wissen. Außerdem war Maas gerade erst in Israel. Von einem Konflikt wegen der Kandidatur drang jedenfalls nichts nach außen. Maas sagte in New York: "Deutschland kandidiert gegen niemanden. Wir kandidieren für einen Sitz." Ein Thema, mit dem normal umgegangen werden könne, wie er sagt. Es sei ihm im übrigen immer ein Anliegen, israelische Interessen mitzuvertreten. So steckt Maas schon mitten im Geschäft der internationalen Politik.

© SZ vom 29.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: