Hamburg:Karlsruhe kippt Komplettverbot von G20-Camp

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Karlsruhe/Hamburg (dpa) - Kommt das G20-Protestcamp im Hamburger Stadtpark oder nicht? Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Mittwoch nach einer Klage der Veranstalter ein generelles Verbot des geplanten Camps im Eilverfahren aufgehoben. Die Karlsruher Richter verpflichten die Hansestadt aber nicht zur uneingeschränkten Duldung. Sie kann den Umfang des Camps beschränken, Auflagen verhängen und die Veranstaltung sogar an einen anderen Ort in der Stadt verlegen. (Az. 1 BvR 1387/17).

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Karlsruhe/Hamburg (dpa) - Kommt das G20-Protestcamp im Hamburger Stadtpark oder nicht? Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Mittwoch nach einer Klage der Veranstalter ein generelles Verbot des geplanten Camps im Eilverfahren aufgehoben. Die Karlsruher Richter verpflichten die Hansestadt aber nicht zur uneingeschränkten Duldung. Sie kann den Umfang des Camps beschränken, Auflagen verhängen und die Veranstaltung sogar an einen anderen Ort in der Stadt verlegen. (Az. 1 BvR 1387/17).

Die Hamburger Polizei kündigte daraufhin sofort an, sie werde das Camp weiter nicht dulden. Die bei der Polizei angesiedelte Versammlungsbehörde halte das Camp im Stadtpark unter Sicherheitsaspekten weiterhin für unvertretbar, teilte die Polizei am Mittwochabend mit.

Eine Erlaubnis des Camps im Stadtpark sei mit der Karlsruher Entscheidung ausdrücklich nicht verbunden. Vielmehr sei der Versammlungsbehörde ein weiter Entscheidungsspielraum eingeräumt worden, innerhalb dessen sowohl dem ausreichenden Schutz der Grünanlage im Stadtpark als auch sämtlichen Sicherheitsbelangen Rechnung getragen werden müsse, hieß es in Hamburg weiter.

Die Karlsruher Richter wiesen darauf hin, dass Sicherheitsbelange bislang gänzlich außen vor geblieben seien. Entscheidungen dazu blieben den Behörden unbenommen. „Ob und inwieweit sie das Protestcamp unter diesen Gesichtspunkten weiter beschränken oder auch untersagen können, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung.“

Nach den ursprünglichen Plänen sollte das „Antikapitalistische Camp“ vom 30. Juni bis 9. Juli stattfinden, mit bis zu 3000 Zelten und 10 000 Teilnehmern aus aller Welt.

Das zuständige Bezirksamt hatte das Camp untersagt und das mit dem Schutz der Grünanlage begründet. Dagegen zogen die Veranstalter vor Gericht. Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte der Hansestadt auch zunächst aufgegeben, das Camp zu dulden. Diese Entscheidung hatte allerdings das Oberverwaltungsgericht Ende vergangener Woche in letzter Instanz kassiert. Mit der Klage in Karlsruhe nutzten die Organisatoren ihre letzte Chance, die Genehmigung durchzusetzen.

Die Verfassungsrichter haben bisher nur über den Eilantrag und nicht über die Verfassungsbeschwerde entschieden. Diese werfe „schwierige und ... ungeklärte Fragen“ auf, hieß es. Das Gericht hat zu prüfen, inwieweit das Camp von der Versammlungsfreiheit geschützt ist. Das wird abschließend aber erst nach dem G20-Gipfel möglich sein.

Erschwerend kommt hinzu, dass das Camp in Hamburg bisher nur nach der Grünanlagenverordnung, nicht nach Versammlungsrecht beurteilt wurde.

Um unter dem Zeitdruck die Nachteile für beide Seiten möglichst gering zu halten, kommen die Richter den Aktivisten und der Stadt ein Stück weit entgegen. Die Rede ist von einem „Ausgleich“, der den Organisatoren die Durchführung des Camps „möglichst weitgehend ermöglicht“. „Anderseits müssen aber nachhaltige Schäden des Stadtparks verhindert und die diesbezüglichen Risiken für die öffentliche Hand möglichst gering gehalten werden.“

In zwei weiteren Fällen entschieden Hamburger Richter: über den Ort der Abschlusskundgebung einer Großdemo und über ein Protestcamp im Altonaer Volkspark.

So dürfen die Veranstalter der Demonstration „G20 - not welcome“ ihre Abschlusskundgebung am 8. Juli vorerst nicht auf dem Hamburger Heiligengeistfeld abhalten. Das Verwaltungsgericht Hamburg lehnte am Mittwoch einen einstweiligen Rechtsschutzantrag (20 E 6320/17) ab. Eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ist möglich. Nach der Gerichtsentscheidung vom Mittwoch muss die Abschlusskundgebung nun auf dem Millerntorplatz stattfinden. Er liegt in unmittelbarer Nachbarschaft des Heiligengeistfeldes.

Das Bündnis für die Großdemonstration zeigte sich entschlossen, die geplante Abschlusskundgebung gerichtlich durchzusetzen. „Notfalls gehen wir bis vor das Bundesverfassungsgericht“, sagte Bündnissprecher Yavuz Fersoglu. „Es kann nicht sein, dass die Polizei jede an den Haaren herbeigezogene Gefahrenprognose in den Raum stellen kann, ohne dass es eine Instanz gibt, die diese überprüft“, sagte der Linken-Bundestagsabgeordnete und Demo-Anmelder Jan van Aken. Auf der Demonstration würden mindestens 50 000 Menschen erwartet, die nur auf das Heiligengeistfeld passten. Der Millerntorplatz fasse nicht einmal die Hälfte.

Auch im Streit um ein G20-Protestcamp im Altonaer Volkspark haben die Organisatoren eine juristische Niederlage erlitten. Die Stadt ist einstweilen nicht verpflichtet, das geplante Protestcamp zu dulden, entschied das Verwaltungsgericht Hamburg am Mittwoch. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. Die Organisatoren hatten bereits weitere rechtliche Schritte angekündigt.

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