Interessenkonflikt:Ivanka Trump - zwischen politischem Boykott und kostenloser Werbung

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Teurer Schmuck hinter Glas und gepolsterte Wände: ein Blick in den Laden von Ivanka Trump im Trump Tower in New York. (Foto: Andrew Harnik/AP)
  • Die Modekette Nordstrom hatte Ivanka Trumps Kollektion wegen schlechter Verkaufszahlen aus dem Angebot genommen.
  • US-Präsident Trump bezeichnete den Schritt als "unfair", dann machte seine Beraterin Kellyanne Conway im Fernsehen Werbung für die Marke.
  • Einzig Ivanka, die Namensgeberin des Labels, schweigt bislang zu dem Mode-Politikum.

Von Johanna Bruckner, New York

Die Einrichtung im Untergeschoss des Nordstrom-Ladens am New Yorker Union Square erinnert an ein billiges Motel: brauner Teppichboden und jede Menge Regale im Discount-Möbelhaus-Chic. Ganz unten in einem dieser Regale sind zwei Taschen der Marke Ivanka Trump. Neben einem Exemplar aus schwarzem Polyester liegt eine Aktentasche aus schwarzem Leder. Sie ist von 225 auf 90 US-Dollar heruntergesetzt. Die Reißverschlüsse haben geflochtene Zipper, auf der Rückseite ist ein kleines goldenes Logo angebracht, ein doppeltes T. Öffnet man die Tasche, so befindet sich links unten ein eingestanzter Schriftzug: #WomenWhoWork. Ivanka Trump ist nicht nur eine Modemarke, sondern auch eine Modemarke mit Botschaft.

Ivanka Trump verkaufte 63 Prozent weniger Produkte zum Zeitpunkt der US-Wahl

Man könnte Kellyanne Conway zugutehalten, dass sie daran gedacht haben mag, als sie jüngst beim Fernsehsender Fox News sagte: "Geht und kauft Ivankas Sachen!" Conway war Kampagnenmanagerin von Donald Trump und zählt heute zu seinen wichtigsten Beratern. Die 50-Jährige ist uneingeschränkt loyal. Als Regierungssprecher Sean Spicer nach der Inauguration fälschlicherweise davon sprach, dass noch nie mehr Menschen die Amtseinführung eines US-Präsidenten verfolgt hätten, sprach Conway von "alternativen Fakten". Um das umstrittene Einreiseverbot zu rechtfertigen, erfand sie einen islamistischen Anschlag. Auch die Kaufempfehlung für die Produkte der Präsidententochter kommt nicht von ungefähr.

In der vergangenen Woche hatte die Kaufhauskette Nordstrom angekündigt, die Marke Ivanka Trump aus dem Sortiment zu nehmen. Kleidung, Schuhe und Accessoires des Labels hätten sich zuletzt nicht gut verkauft, teilte das Unternehmen mit. Nordstrom versuchte, sich so von politischen Initiativen zu distanzieren, die zu einem Boykott der Trump-Marken aufrufen. Doch so einfach lassen sich wirtschaftliche Entscheidungen in diesen Tagen nicht von politischen Implikationen trennen - nicht für Trump und nicht für Nordstrom. Die Kaufhauskette musste im vierten Quartal 2016 bei Ivanka-Trump-Produkten ein Minus von 63 Prozent verbuchen. Also in dem Zeitraum, in den die Wahl von Ivankas Vater zum Präsidenten fiel.

USA
:Trump-Beraterin macht Werbung für dessen Tochter

Bei Fox News rät Kellyanne Conway den Zuschauern: "Kauft Ivankas Sachen". Das verstößt so klar gegen Gesetze, dass sogar Republikaner das Verhalten "falsch, falsch, falsch" nennen.

Von Matthias Kolb, Washington

Von Machtmissbrauch der Präsidentenfamilie ist die Rede

"Meine Tochter Ivanka wurde sehr unfair von @Nordstrom behandelt", twitterte Trump am Mittwoch. "Sie ist ein großartiger Mensch - sie drängt mich immer dazu, das Richtige zu tun! Schrecklich!"

Ein US-Präsident, der unverblümt die wirtschaftlichen Interessen eines Familienmitglieds verteidigt - das war vor Trump unvorstellbar. Es spricht für eine gewisse Abstumpfung, dass der Aufschrei nach diesem Tweet vergleichsweise schwach ausfiel. Seit aber Trump-Beraterin Conway am Donnerstag freimütig zugab, gerade kostenlose Werbung für die Marke Ivanka Trump zu machen, ist die Empörung da. Politiker, Medien und die Nutzer sozialer Netzwerke geißeln einen schwerwiegenden Bruch der für Mitglieder der Regierung geltenden Ethikregeln. Es ist von Machtmissbrauch die Rede.

Peter Schweizer, Autor des Buches "Clinton Cash", spricht in der Washington Post davon, dass "eine sehr klare Linie überschritten" worden sei. "Es ist ein totales Tabu, dass die Regierung zum Kauf von Produkten aufruft, die von Firmen der First Family hergestellt werden." In seinem Buch hatte Schweizer dem Ehepaar Clinton nachgewiesen, dass es Hillarys Amt als US-Außenministerin benutzt hatte, um den Interessen der familieneigenen Stiftung zu dienen.

Mittlerweile ist die Empörung auch im Weißen Haus angekommen. Conway sei wegen ihrer Äußerungen "ein Rat" erteilt worden, hieß es. Am Freitag soll sich die Beraterin in einem persönlichen Gespräch bei Trump entschuldigt haben.

Die Namensgeberin der Modemarke schweigt bislang

Wer bisher zu sämtlichen Vorgängen schweigt, ist Ivanka Trump selbst. Zuletzt postete die Präsidententochter zu Beginn der Woche ein Foto auf Instagram. Ivanka lehnt an einem Fenster und telefoniert, auf dem Arm hat sie ihren jüngsten Sohn Theodore. "Ich, wie ich einen Anruf im Weißen Haus annehme mit meinem Assistenten Theodore", hat die 35-Jährige dazu geschrieben.

Die dreifache Mutter und Unternehmerin kann das gut. Botschaften vermitteln, die selbstbewusst und sympathisch wirken, die sie nahbar erscheinen lassen, nach der Devise: Unter uns, Mädels, ich trage vielleicht den Namen Trump und gehe im Weißen Haus ein und aus, aber ich bin trotzdem eine von euch. Auf der Webseite ihrer Initiative #WomenWhoWork werden "moderne arbeitende Frauen" aufgerufen, selbst gedrehte Motivationsvideos einzuschicken. Die Protagonistinnen der Beispielfilme sind jung und sehen fantastisch aus. Mit dieser Art von naivem Feminismus können sich wohl selbst die reaktionärsten Trump-Wähler anfreunden.

Der naive Feminismus der Kleider: Etuikleider, Bleistiftröcke, Blumenmuster

Die Mode von Ivanka Trump ist konservativ-feminin. Etuikleider, Bleistiftröcke, Blusen in klassischen Schnitten. Viel Schwarz, Weiß, Beige; florale Muster und Querstreifen. Ein Kleid kostet im Schnitt 130 US-Dollar. Leisten sollen sich das Frauen, die karrieretechnisch mehr vor haben als bereits erreicht. Ivanka Trump zählt nicht immer dazu. Bei der Vereidigung ihres Vaters trug sie eine weiße Hose und einen weißen Langmantel - einen Entwurf des Designers Oscar de la Renta. Auch ohne dass die Firmenchefin selbst damit auftritt, soll die Marke Ivanka Trump 2015 einen Erlös von etwa hundert Millionen US-Dollar erwirtschaftet haben. Diese Zahl stammt vom Hersteller G-iii, der sich um Produktion und Vertrieb kümmert. Dort heißt es, dass Ivanka Trump sehr daran interessiert sei, worauf ihr Name stehe. Der Begriff Designerin fällt allerdings nicht.

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:Die unterschätzte Tochter

Es ist so einfach, Ivanka Trump als blondiertes Zuckerpüppchen zu verhöhnen, wie es einfältig ist. Fakt ist, sie ist eine der wenigen, auf die Donald Trump hört. Und das ist eher eine gute Nachricht. Über eine der bald wohl mächtigsten Frauen Amerikas.

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Derzeit suche man nach Möglichkeiten, die Herstellung zumindest teilweise von China in die USA zu verlagern - auf Wunsch der Namensgeberin, heißt es bei G-iii. Ivanka Trumps Vater will Amerika wieder groß machen, die Tochter zieht offenbar mit. In der Nordstrom-Filiale am Union Square interessieren solche Dinge wenig. "Ich bin nicht politisch, was das angeht", sagt die Verkäuferin, "ich kaufe einfach gern ein." Es gebe aber Kundinnen, die Nordstrom zeitweise boykottiert hätten und nun wieder kämen. Bei der Suche nach Ivanka-Trump-Restposten kann die Verkäuferin nicht behilflich sein, sie bittet die Regale selbst durchzugehen. Ja, man habe wohl mal eine Tasche der Präsidententochter im Angebot gehabt. "Aber ich würde sie nicht erkennen, sie war sehr nichtssagend."

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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