Indonesien:General ohne Erinnerung

Lesezeit: 3 min

(Foto: N/A)

Indonesiens Präsident galt als Saubermann - doch nun macht ein Minister ihm Probleme.

Von Arne Perras, Singapur

Der Minister behauptet, er wisse nichts von einer Briefkastenfirma namens Mayfair. "Nie von ihr gehört. Ich habe mein Personal gebeten, das zu untersuchen. Wir haben Mayfair nie besessen", sagt Luhut Binsar Pandjaitan im Interview mit dem indonesischen Magazin Tempo. Der frühere General ist ein wichtiger Mann im Kabinett des Reformpräsidenten Joko Widodo. Im Amt des koordinierenden Ministers für Politik, Recht und Sicherheit galt Luhut bislang als wichtige Stütze des Regierungschefs in Jakarta. Ob das so bleibt, ist nicht gewiss, seitdem sich die Debatten über die Panama Papers auch in Indonesien ausweiten.

Wird Luhut nun gar zu einer schweren Last für einen Präsidenten, der seinen Wählern stets versprach, die Politik vom Filz zu befreien, der sich ausgebreitet hat in dem Inselstaat mit seinen 250 Millionen Bewohnern? Präsident Jokowi, wie ihn alle nennen, gilt den Indonesiern noch immer als Saubermann, auch wenn sich die Begeisterung für ihn abgekühlt hat. Seine Reformen kommen nicht so voran, wie es sich viele wünschen. Nun beobachten alle, ob Jokowi seinen Minister halten kann, auf den jetzt so viele Fragen einprasseln. Vor allem: Hat er etwas zu verbergen? Was hat es auf sich mit seinen "Offshore Secrets", wie das Magazin Tempo in Jakarta titelt?

Luhut taucht in den Panama Papers auf, die der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurden, er ist in den Dokumenten als Direktor der Briefkastenfirma Mayfair International Ltd verzeichnet, ernannt am 29. Juni 2006. Das Offshore-Unternehmen wurde kurz zuvor, am 28. März 2006 gegründet, und hat seine Adresse auf den Seychellen, in einer Suite mit der Nummer 13.

Der Minister ist damit - neben zahlreichen anderen Amtsträgern und Geschäftsleuten - der höchstrangige Politiker auf einer Liste von 2961 Indonesiern, deren Namen in den Papieren der Kanzlei Mossack Fonseca auftauchen. Luhut bestreitet, dass seine Firma, PT Toba Sehjatra, mit dem Offshore-Unternehmen Mayfair verknüpft ist. Die Panama Papers zeigen hingegen, dass eine Tochterfirma von Toba Sehjatra 80 Prozent der Anteile an Mayfair International hält. Einer der Söhne Luhuts war einst als Direktor der Firma mit dem Namen Buana Inti Energi eingetragen.

Eine Umfrage ergab: 96 Prozent der Bürger wollen, dass Amtsträger gefeuert werden, die in den Panama Papers auftauchen

Diese Enthüllungen fallen in eine Zeit, in der Indonesien, ähnlich wie Indien, große Mühe hat, ins Ausland verlagertes Kapital zurückzuholen und die Steuerflucht einzudämmen. Nach Schätzungen sollen Indonesier mehr als 220 Milliarden Euro außerhalb des Landes gebunkert und vor dem Fiskus versteckt haben. Alle Versuche, wenigstens einen Teil wieder zurückzuholen und im Gegenzug steuerliche Vorteile zu gewähren, sind vorerst gescheitert. Das Finanzministerium in Jakarta beobachtet, dass die Indonesier dabei eine besondere Vorliebe für die Britischen Jungferninseln und die Cookinseln entwickelt haben.

Minister Luhut stammt aus Sumatra, er beendete seine Karriere im Militär 1999 und widmete sich danach diversen Geschäften im Rohstoff- und im Landwirtschaftssektor. Von 2000 bis 2001 war er Industrieminister unter Präsident Abdurahman Wahid. Seitdem er im Kabinett Jokowis sitzt, ist er nach eigenen Angaben in seinen Firmen nicht mehr aktiv. Er habe alle Positionen aufgegeben und sein Vermögen transparent aufgelistet, so wie es die Regularien erforderten, versichert er.

Gleichwohl sind Rufe nach seinem Rücktritt laut geworden. Febri Hendri von der Organisation Indonesia Corruption Watch argumentiert, dass jeder, der ein öffentliches Amt habe und in den Panama Papers auftauche, zurücktreten sollte. In den Fällen sei klar, dass zumindest "ethische Grenzen" überschritten worden seien, selbst wenn jemand dabei kein Gesetz gebrochen haben sollte. Doch Indonesiens Politikern sei eine solche Kultur des freiwilligen Rücktritts fremd, beobachtet Hendri. Eine Umfrage im Magazin Tempo ergab ein deutliches Bild: Auf die Frage, ob Amtsträger, die in den Panama Papers auftauchen, gefeuert werden sollten, antworteten von knapp 4000 Befragten 96,2 Prozent mit: Ja.

Tempo kommentiert: "Der Präsident sollte mehr Selbstbewusstsein zeigen." Dazu gehöre, eine unabhängige Untersuchung einzuleiten, um die Motive von Firmen aufzudecken, die ihr Geld in Steueroasen transferieren. Das Anti-Korruptionsgesetz bilde eine ausreichende Grundlage dafür. "Fairerweise muss man sagen, dass Luhut kein Staatsamt innehielt zu jener Zeit, als er als Direktor von Mayfair registriert wurde", schreibt Tempo. Doch hätte er dies der Anti-Korruptions-Behörde KPK melden müssen, bei der jeder Amtsträger Indonesiens sein Vermögen auflisten muss.

Noch ist nichts entschieden in Jakarta, Vizepräsident Yusuf Kalla erklärte, man sei damit beschäftigt, Informationen zu prüfen, weil der Besitz eines Offshore-Unternehmens nicht notwendigerweise auf Fehlverhalten hinweise.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: