Imagepflege zu Lasten des Partners:FDP schießt gegen Union

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In Anbetracht schlechter Umfragewerte sind die Liberalen sichtlich bemüht, ihr Profil zu schärfen: FDP-Chef Rösler kritisiert die mangelnde Abgrenzung der Union zur SPD und erteilt Praxisgebühr und Mindestlohn eine Absage. Auch Christian Lindner, FDP-Spitzenkandidat in NRW, schießt gegen den Koalitionspartner. Verschiedene Unionsvertreter versuchen, die erhitzten Gemüter zu beruhigen.

Die FDP steuert vor den entscheidenden Landtagswahlen in den kommenden Wochen immer stärker auf Konfrontationskurs zu ihrem Koalitionspartner Union.

FDP-Chef Philipp Rösler nannte die CDU eine sozialdemokratische Partei, die gemeinsam mit der SPD einen immer dickeren Einheitsbrei bilde. Die Liberalen arbeiteten nun daran, den klaren Unterschied zu CDU und SPD herauszustellen, sagte er dem Hamburger Abendblatt.

Bei der Union gebe es keine liberale Strömung mehr, auf die sie früher immer so stolz gewesen sei. Dies mache Koalitionsentscheidungen oft so mühsam. Die FDP sei inzwischen die einzige Partei, die auf freiheitliche Grundwerte, auf Eigenverantwortung setze. Ohne ihre klare Haltung gebe es beispielsweise längst eine Vergemeinschaftung von Schulden. "Man sollte den Einfluss und die Hartnäckigkeit der FDP nicht unterschätzen", sagte der Parteichef weiter.

Zugleich kündigte Rösler an, gegen den Widerstand der Union werde er weiter für die Abschaffung der Praxisgebühr kämpfen. Dem von der Union angestrebten Mindestlohn erteilte Rösler eine Absage.

Auch um die Vorratsdatenspeicherung liefern sich die Koalitionspartner ein erbittertes Ringen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe mahnte die FDP in der Welt zu einem fairen Umgang. "Nervöse liberale Wahlkämpfer formulieren mitunter wenig koalitionsverträglich."

Unter den Bürgern wächst derweil die Zustimmung für das rot-grüne Lager. Wie die Bild am Sonntag berichtete, gaben in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid 28 Prozent der Befragten an, bei der Bundestagswahl für die Sozialdemokraten stimmen zu wollen. Damit legte die SPD zur Vorwoche einen Prozentpunkt zu - genauso wie ihr Wunschkoalitionspartner, die Grünen, die sich auf 15 Prozent verbesserten. Die Union bleibt mit 35 Prozent stärkste Kraft. Der Koalitionspartner FDP verharrt unter der Fünf-Prozent-Marke bei vier Prozent. Je einen Prozentpunkt büßen Linke und Piraten auf jeweils sieben Prozent ein.

CDU-Generalsekretär betont Gemeinsamkeiten mit der FDP

Das Schicksal Röslers als Partei-Chef hängt nach allgemeiner Einschätzung von den drei Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen ab, die bis Mai abgehalten werden. Die Abstimmungen gelten als entscheidendes Stimmungsbarometer auf dem Weg zur Bundestagswahl im kommenden Jahr. Die FDP dümpelt seit vielen Monaten unter der Fünf-Prozent-Marke, die für den Wiedereinzug in den Bundestag nötig ist. Bei den Landtagswahlen läuft sie Gefahr, aus allen drei Parlamenten zu fliegen.

Der FDP-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen, Christian Lindner, attackierte ebenfalls die Union. Die FDP als Partei des Liberalismus wolle die Menschen von ihren Ängsten befreien, ihnen neue Perspektiven aufzeigen und Energie geben, um ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen. "Bei Union und SPD sehe ich, dass sie die Ängste der Menschen teilen", sagte Lindner der Welt am Sonntag. "Deshalb werden von dort staatliche Beruhigungspillen verteilt, deren Dosierung aber zu Lähmungserscheinungen führt."

CDU-Generalsekretär Gröhe mahnte dagegen einen ruhigeren Umgang zwischen den Koalitionspartnern an. "Die Menschen sollen uns beim Arbeiten zusehen und nicht beim Streiten." Das Rackern für Deutschland honorierten die Bürger, das Schielen auf kurzfristigen Profilgewinn stoße sie ab.

Auf die Frage nach den Koalitionsoptionen 2013 im Bund erklärte Gröhe: "Es wäre völlig falsch, 18 Monate vor der Bundestagswahl die FDP abzuschreiben." SPD und Grüne marschierten stramm nach links, während die Union das Wirtschaftswachstum verstetigen, den Industriestandort modernisieren und die soziale Sicherung zukunftsfähig machen wolle. Dies sei am besten mit der FDP machbar.

Zugleich wies Gröhe auf die Gemeinsamkeiten von CDU und Grünen in Nordrhein-Westfalen hin. "In der Sozialpolitik, insbesondere beim Thema Generationengerechtigkeit, sind die Grünen eher bereit als die SPD, Realitäten anzuerkennen", sagte er. Trotz der Konkurrenz zwischen Union und SPD auf Bundesebene deutet bei der Wahl im Saarland nach diesem Sonnatg allerdings alles auf die Bildung einer großen Koalition hin.

Unterdessen ist die Piratenpartei Meinungsforschern zufolge vor allem bei den Wählern mittleren Alters beliebt. 41 Prozent der 30- bis 39-Jährigen sagten in einer Forsa-Umfrage für den Focus, sie könnten sich eine Wahl der Piratenpartei vorstellen. Unter den 14- bis 29-Jährigen sind dagegen nur 26 Prozent für die Piratenpartei, die eigentlich als Partei der Jugend gilt.

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