Wahlen im Saarland:Dreifach-Test für Berlin

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Saarland, Schleswig-Holstein, NRW: Das Jahr 2012 ist unverhofft zum Test für die Bundestagswahl geworden. Vor allem die Grünen bangen am Sonntag um den Einzug in den Landtag - denn viele ihrer Wähler wandern zu den Piraten ab. Ein Trend, der sich bei den Bundestagswahlen wiederholen könnte.

Nico Fried

Nach dem ursprünglichen politischen Kalender sollte 2012 ein Jahr ohne Landtagswahlen sein. Nach allgemeinem Dafürhalten sind das Jahre, in denen sich ruhiger Politik machen lässt, vor allem im Bund, weil die Regierenden nicht dauernd Rücksichten nehmen müssen. Dann aber ordnete das Landesverfassungsgericht in Schleswig-Holstein im August 2010 Neuwahlen bis spätestens September 2012 an, weil es das Wahlgesetz als nicht mit der Verfassung des Bundeslandes vereinbar sah. Hintergrund waren Regeln zu Überhang- und Ausgleichsmandaten, die dazu geführt hatten, dass Union und FDP trotz weniger Zweitstimmen als die Konkurrenz mit einer knappen Mehrheit an Sitzen regieren konnten.

Als Nächstes kündigte Anfang des Jahres 2012 die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ihre Koalition mit FDP und Grünen auf. Nach kurzen Verhandlungen, bei denen keine große Koalition zustande kam, hieß es auch aus Saarbrücken: Neuwahlen. Und wenige Wochen später löste sich das Parlament in Düsseldorf auf: vorgezogene Neuwahlen jetzt auch in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland. Und so wurde plötzlich aus dem vermeintlich beschaulichen Jahr 2012 der Testlauf für die Bundestagswahl im Herbst 2013.

An diesem Sonntag erlebt das Saarland die erste Wahl des Dreier-Packs. Die bundespolitische Bedeutung ist dabei, gemessen an den Wahlen, die noch kommen, die geringste. Nicht nur, weil das Saarland kaum größer ist als mancher Bundestagswahlkreis. Sondern weil in Saarbrücken eine sehr spezielle landespolitische Konstellation anzutreffen ist. Die beiden großen Parteien CDU und SPD ringen nur noch um das Amt des Ministerpräsidenten, wollen aber in jedem Fall miteinander koalieren. Die FDP im Bund hat die Parteifreunde im Saarland bereits abgehakt. So schwach die Vorstellung der Liberalen in der schwarz-gelben Koalition in Berlin bisher war - gegen die FDP an der Saar, deren Desorganisation und personelle Fehlbesetzungen boten die Bundes-Liberalen geradezu eine Gala-Vorstellung.

Angst vor der Piratenpartei

Die Grünen, die ebenfalls Teil der ersten Jamaika-Koalition in Deutschland waren, müssen nun um den Wiedereinzug in den Landtag fürchten. Die Grünen in Berlin und die Grünen an der Saar verband nicht immer eine Herzensfreundschaft, der langjährige Dominator des Landesverbandes, Hubert Ulrich, gilt als recht eigenmächtig. Auch die Jamaika-Koalition fädelte er nach den letzten Landtagswahlen auf eigene Faust und gegen Bedenken in der Bundespartei ein.

Für die Grünen wäre gleichwohl ein Scheitern vom Gesamteindruck her nicht schön, zumal sich das Hoch des vergangenen Jahres in den Umfragen mittlerweile deutlich abgeschwächt hat. Den Grünen verschafft nicht nur der Führungsstreit in der Bundespartei eher negative Schlagzeilen. Viel größere Sorgen müssen sie sich ob des Aufstiegs der Piratenpartei machen, deren junge, mobile und libertäre Wählerschaft sich zu beachtlichen Teilen aus potentiellen Grün-Wählern zusammensetzt.

Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die Piraten auch im Saarland den Sprung ins Parlament schaffen könnten. Wenn es so kommt, dürfte dies den größten bundespolitischen Impetus haben, weil sich dann ein Trend verfestigte, an dessen Ende auch der Einzug der Piraten in den Bundestag stehen könnte. Sämtliche jetzt gehandelten Koalitionskonstellationen wären dann obsolet.

© SZ vom 24.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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