Hongkong:Der letzte Affront

Der Ruf nach mehr Demokratie rührt am Grundverständnis Chinas.

Von Stefan Kornelius

Vor der (noch) geplanten Wahl in Hongkong züngeln Flammen an allen Stützpfeilern der Demokratie. Parlament und Regierung haben die Kontrolle verloren, die Sicherheitskräfte sind nicht zu bändigen, und nun spricht Peking der Justiz der Sonderverwaltungszone das Recht ab, in Verfassungsfragen Entscheidungen treffen zu dürfen. Das ist der letzte Affront gegen alle in der Stadt, die noch die Demokratie zu retten hoffen.

Die Proteste haben eine Dimension erreicht, die Peking gar nicht mehr erst zu ignorieren versucht. Der Wunsch nach mehr Demokratie rührt am Grundverständnis des chinesischen Staates, und die Radikalität des Protests schließt inzwischen laue Kompromisse aus. Wir oder die, Demokratie à la Hongkong oder KP-Herrschaft - angesichts der Machtverhältnisse ist die Entscheidung längst gefallen. Aus Sicht der Zentralmacht kann hier nur einer siegen.

Es ist nicht abwegig zu vermuten, dass die chinesische Führung ein Interesse an der Anarchie hat, weil es ihr im größten Inferno am leichtesten fallen wird, Zwangsmaßnahmen bis hin zum Kriegsrecht zu verhängen. Dafür muss Hongkong brennen. Die nicht minder gewaltbereiten Hongkonger haben es versäumt, eine sichtbare politische Plattform aufzubauen, die ihrem Anliegen die Radikalität nimmt.

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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