Honduras' Präsident Zelaya:"Wir rebellieren gegen Unterdrückung"

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Honduras' gestürzter Präsident Manuel Zelaya fordert im SZ-Interview drastische Schritte gegen die Putschisten - auch von der internationalen Gemeinschaft.

Peter Burghardt

Seit Tagen kündigt Honduras' gestürzter Präsident Manuel Zelaya seine Heimkehr an. Am 28. Juni hatte ihn die Armee nach Costa Rica verschleppt, Parlamentschef Roberto Micheletti übernahm die Macht. Die Putschisten werfen Zelaya Verfassungsbruch vor und verweigerten trotz weltweiter Proteste die Wiedereinsetzung. Die Süddeutsche Zeitung telefonierte mit Zelaya, 56, in seinem Exil in Nicaragua.

Der vom Militär aus dem Land geworfene Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, beharrt auf seiner Rückkehr. (Foto: Foto: Reuters)

SZ: Sind Sie immer noch sicher, dass Sie nach Honduras und in Ihr Amt zurückkehren werden?

Manuel Zelaya: Das ist so sicher, wie morgens die Sonne aufgeht und abends untergeht. Wir beginnen unsere Rückkehr nach der Frist von 72 Stunden des Vermittlers Óscar Arias ( der costa-ricanische Präsident; Anm. d. Red.). Die sind am Mittwoch abgelaufen.

SZ: Und wie? Es heißt, Sie wollen es auf dem Landweg probieren.

Zelaya: Das ist eine Kampfstrategie, das kann ich jetzt nicht kommunizieren.

SZ: Hat der Dialog versagt?

Zelaya: Der Anspruch war, dass die Putschisten ihr Vergehen anerkennen. Das ist gescheitert.

SZ: Und Sie wären tatsächlich mit allen sieben Punkten des Arias-Plans einverstanden? Auch damit, Ihre umstrittene Volksbefragung über eine mögliche Verfassungsreform sein zu lassen?

Zelaya: Ja, aber die sieben Punkte wurden nicht mehr diskutiert, weil die Putschisten sie nicht akzeptierten.

SZ: Micheletti beschuldigt Sie, die Verfassung gebrochen und weitere Delikte begangen zu haben. Er will Sie verhaften lassen, falls Sie Honduras betreten.

Zelaya: Ich bin immer bereit, mich der Justiz zu unterstellen, aber keinem illegalen Regime. Dazu bräuchte es ein internationales, unparteiisches Tribunal. Das müsste dann auch über diejenigen richten, die dieses Verbrechen des Staatsstreiches begangen haben. Die Putschisten versuchen sich zu rechtfertigen, die haben keinerlei Glaubwürdigkeit. Diese Leute haben gegen die Verfassung und die Gesetze verstoßen.

SZ: Wer steht hinter dem Putsch?

Zelaya: Geputscht haben die Streitkräfte. Und dann sind da Politiker wie Herr Micheletti, die den Putsch gefördert und von ihm profitiert haben. Gleichzeitig wurde die Armee beschädigt, weil ich nicht glaube, dass das gesamte Militär solche Aktionen unterstützt. Es gibt in Honduras einen Kampf darum, jeden Versuch sozialer, wirtschaftlicher oder politischer Reformen zu stoppen. Das war immer die Geschichte der Menschheit: die Konservativen, die keinen Wandel wollen, gegen Liberale und Sozialisten, die den Wandel vorantreiben. Das ist ein normaler Prozess. Aber in Honduras hat ein Staatsstreich stattgefunden.

SZ: Kaum eine Regierung erkennt Micheletti an. UN, EU und amerikanische Staaten verlangen, dass Sie als Präsident eine Einheitsregierung zu den Wahlen führen und Ihr Mandat 2010 beenden. Sogar die USA lehnen im Gegensatz zu früher einen Putsch wie den in Honduras ab. Haben sich die Zeiten geändert?

Zelaya: Die Staaten unterstützen nicht mich persönlich, aber niemand kann einen Staatsstreich unterstützen. Niemand will Bürgerkrieg, niemand will, dass Blut vergossen wird. Wir wollen alle Frieden. Ich bin sehr dankbar für die internationale Unterstützung, die ist sehr wertvoll. USA, Europa, alle demokratischen und rechtsstaatlichen Regierungen verurteilen die Putschisten. Aber die internationale Gemeinschaft muss noch drastischer gegen den Staatsstreich vorgehen. Ich schicke gerade einen offenen Brief an US-Präsident Barack Obama und bitte ihn um stärkere Maßnahmen gegen die Putschisten.

SZ: Welche Maßnahmen?

Zelaya: Es braucht ökonomische und persönliche Maßnahmen gegen die Putschisten.

SZ: Die Putschregierung wirft dagegen Venezuelas Diplomaten hinaus. Was sagen Sie dazu?

Zelaya: Das ist lächerlich, weil diese Leute von Venezuela gar nicht anerkannt werden. Die können niemanden ausweisen. Was die machen, hat keinen Wert für die internationale Gemeinschaft.

SZ: Welche Rolle spielt Venezuelas Präsident Chávez, zu dessen linkem Alba-Bündnis Sie gehören? An ihm scheiden sich die Geister. Geht es um ihn?

Zelaya: Gruppen der extremen Rechten - auch in Washington - versuchen, dem Putsch eine Dosis Ideologie zu verpassen. Sie vergessen das Verbrechen und die Repression gegen das Volk und die Willkür der Putschisten. Aber es geht hier um ein demokratisches Problem der verfassungsmäßigen Ordnung in unserem Land. In Honduras ist man dem venezolanischen Präsidenten Chávez dankbar für die Hilfe, die er geschickt hat, billiges Öl, Traktoren, Unterstützung bei der Gesundheitsversorgung und Erziehung. Ich glaube nicht, dass Chávez politischen Einfluss in Honduras hat, aber ich bin mit ihm befreundet und erkenne seine Führungsrolle an. Wer starken Einfluss in Honduras hat, das sind die USA. Seit Jahrzehnten, in allen Sektoren.

SZ: Steht in Honduras ein Bürgerkrieg bevor, wie viele befürchten?

Zelaya: Es gibt einen Volksaufstand und das Recht, sich der Unterdrückung zu widersetzen. Das werden wir Honduraner tun. Nie wird uns die militärische und politische Spitze das Recht zu wählen nehmen. Das Recht des Volkes auf politische Teilnahme ist heilig und wird mit keiner Elite verhandelt. Der Kampf geht weiter. Wenn es Blutvergießen gibt, dann wegen der Armeeführung, die hat Gewehre, Panzer, Geschütze. Wir haben Mut, Würde und rebellieren gegen die Unterdrückung.

© SZ vom 23.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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