Hollande gegen Sarkozy in der Stichwahl:Zwei Männer rüsten für ihr Duell

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Nach der Wahl ist vor der Wahl: Bis zum 6. Mai haben Nicolas Sarkozy und sein Herausforderer François Hollande Zeit, sich politisch noch einmal neu zu positionieren - dann entscheiden die Wähler in Frankreich endgültig, wer neuer Präsident wird. Hollande wird bis dahin in die Mitte schwenken, Sarkozy seine größte Stärke ausnutzen: das Spiel mit den TV-Kameras.

Stefan Ulrich

Am Sonntagabend beginne eine "andere Kampagne", eine "neue Geschichte" hat Nicolas Sarkozy seinen Anhängern versprochen. Er wollte die Moral der Truppe stärken, die sich von seinen schlechten Umfragewerten deprimieren ließ. Sämtliche Erhebungen der vergangenen Monate sagten voraus, der amtierende Präsident werde zwar den ersten Wahlgang an diesem Sonntag überstehen und in die Stichwahl am 6. Mai einziehen, dort aber seinem sozialistischen Herausforderer François Hollande unterliegen. Sarkozy glaubt, dies verhindern und doch siegen zu können.

Welchen Kandidaten hätten Sie gern? François Hollande (links) tritt bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich gegen Nicolas Sarkozy an. (Foto: AFP)

Der Optimismus des Präsidenten hat mehrere Gründe. Erstens scheiden am Sonntag acht von zehn Kandidaten aus, die im Wahlkampf am liebsten den Amtsinhaber kritisierten. Künftig hat Sarkozy nur noch einen Gegner. Dies wirkt sich zweitens auf seine Präsenz im Fernsehen aus. In den vergangenen Wochen mussten die Sender alle zehn Kandidaten gleich lang zu Wort kommen lassen. Für Sarkozy, dem solche Auftritte liegen, blieb so nicht viel Zeit. Ab sofort wird er stark präsent sein können.

Drittens wird es zwischen den beiden Wahlgängen zu mindestens einem direkten TV-Duell zwischen den verbleibenden Kandidaten kommen. Sarkozy glaubt, Hollande dann vorführen zu können. Der Sozialist weiche bislang allen konkreten Aussagen aus, etwa zur Finanzierung seiner Wahlkampfversprechen. Nun müsse er sich stellen. "Wir stehen uns endlich direkt gegenüber - Projekt gegen Projekt, Persönlichkeit gegen Persönlichkeit", sagt Sarkozy. Die Franzosen würden merken, wem sie in diesen gefährlichen Zeiten vertrauen könnten.

Hollande könnte in die Mitte schwenken

Zu erwarten ist, dass sich Sarkozy nun stärker um die Wähler der Mitte bemüht. Bisher führte er einen stramm rechten Wahlkampf, um Anhänger des rechtsextremen Front National für sich zu gewinnen. Nun dürfte er versuchen, seine Wählerbasis zum Zentrum hin zu erweitern. In Paris wird spekuliert, ob Sarkozy dem Zentrumspolitiker François Bayrou das Premierminister-Amt verspricht, falls dieser seine Anhänger dazu aufruft, in der Stichwahl für Sarkozy zu stimmen.

Auch Hollande, der bislang auf linke Themen setzte, könnte Richtung Zentrum schwenken. Dagegen spricht, dass er auch die Anhänger Jean-Luc Mélenchons, des Anführers der radikalen "Linksfront", braucht, um am 6. Mai zu siegen. Hollande hat angekündigt, nichts an seinem Kurs ändern zu wollen. "In einer Präsidentschaftswahl ist kein Platz für Verhandlungen zwischen Parteien", sagte er. Er werde sich jedoch nicht mehr nur an die Linke, sondern an alle Franzosen wenden, die den Wechsel wollten.

Sarkozys und Hollandes Lager versuchten in der Öffentlichkeit bislang den Eindruck zu vermeiden, sie stritten sich schon um die Postenverteilung nach der Wahl. Denn so etwas kommt schlecht an beim Volk. Dennoch brachten sich die Ehrgeizigen längst in Position. Hollande selbst sagte, er werde bei einem Wahlsieg auf jeden Fall einen Sozialisten zum Premierminister ernennen.

Aubry als Regierungschefin?

Viele Beobachter vermuten, ein Präsident Hollande werde die sozialistische Parteichefin Martine Aubry zur Regierungschefin machen. Damit würde er die weit links stehenden Wähler befriedigen und wohl fürs Erste ruhigstellen. Denn Aubry, die einst als Ministerin die 35-Stunden-Woche durchsetzte, gilt als Vertreterin des linken Parteiflügels.

Allerdings mögen sich die kämpferische Bürgermeisterin von Lille und der pragmatische Hollande nicht besonders. Im Vorwahlkampf der Sozialisten um die Präsidentschaftskandidatur prallten sie aufeinander. Aubry kritisierte ihren Parteifreund damals als wachsweich. Womöglich könnte Hollande daher Jean-Marc Ayrault vorziehen, den bisherigen Fraktionsvorsitzenden der Sozialisten in der Nationalversammlung. Ayrault ist ein guter Deutschlandkenner. Er spricht fließend Deutsch und würde als Brückenbauer nach Berlin dienen.

Ein entspanntes Leben mit Carla und Giulia

Während sich die Sozialisten seit Wochen auf eine Machtübernahme einstellen, überlegen die Konservativen, wie es im Fall einer Niederlage ihres Präsidenten weitergehen soll. Sarkozy hat angekündigt, er werde sich dann aus der Politik zurückziehen, als Anwalt viel Geld verdienen und endlich ein entspannteres Leben mit Ehefrau Carla und dem Baby Giulia führen können.

Für seine Nachfolge an der Spitze der Gaullisten, Konservativen und Rechtsliberalen stehen mehrere Männer bereit, die sich einen harten Kampf liefern dürften. Zu nennen sind der bisherige Regierungschef François Fillon, Außenminister Alain Juppé und der Chef der Präsidentenpartei UMP Jean-François Copé.

Le Pen hofft auf einen Zerfall der UMP

Fraglich ist jedoch, ob die UMP einen Machtverlust überhaupt überleben würde. Manche Politstrategen sagen ihren Untergang und eine Neuordnung der Parteienlandschaft voraus. Der Zentrumspolitiker Bayrou würde gern davon profitieren und mit dem liberalen Flügel der UMP eine neue große Kraft der Mitte bilden. Auch Marine Le Pen, Chefin des rechtsradikalen Front National, hofft auf einen Zerfall der UMP. Sie will dann die nationalkonservativen Teile der UMP einverleiben.

Die Präsidentschaftswahl wird noch keine abschließende Antwort geben, wie es weitergeht in der Politik. Denn am 10. und 17. Juni müssen die Bürger schon wieder an die Urnen, um eine neue Nationalversammlung zu bestimmen. Erst danach wird feststehen, welche Kräfte Frankreich dominieren werden.

© SZ vom 23.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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