Haushaltsdefizit:Schwarz-gelbes Sparkonzept

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Die Bundesregierung will nach SZ-Informationen 2011 deutlich mehr einsparen als bislang bekannt. Verbände warnen vor Kürzungen im Sozialbereich.

C. Hulverscheidt

Die Bundesregierung will ihre Ausgaben nach Informationen der Süddeutschen Zeitung im kommenden Jahr deutlich stärker kürzen als bislang bekannt. Grund ist, dass sich die Haushaltsperspektiven für 2011 etwas günstiger darstellen als zunächst befürchtet und Einsparungen deshalb leichter verkraftbar erscheinen als in den Folgejahren.

Guido Westerwelle und Wolfgang Schäuble: Sie haben sich mit Kanzlerin Merkel und dem CSU-Vorsitzende Horst Seehofer darauf geeinigt, nicht bei der Bildung zu sparen. (Foto: Foto: AP)

Die Kürzungen sind notwendig, weil vom nächsten Januar an die neu im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse greifen wird. Sie schreibt vor, dass das um Konjunktureinflüsse bereinigte Etatdefizit bis 2016 um 60 Milliarden Euro gesenkt werden muss. Bislang war geplant, den Fehlbetrag von 2011 an Jahr für Jahr um jeweils zehn Milliarden Euro zu verringern. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) strebt jedoch nun an, bereits im kommenden Jahr einen möglichst großen Konsolidierungsschritt zu machen.

Dies wird unter anderem deshalb möglich, weil der Finanzbedarf der Bundesagentur für Arbeit 2011 deutlich geringer ausfallen wird als bisher gedacht. Zudem seien Kürzungen bei Verkehrs- und Rüstungsprojekten möglich, hieß es in Regierungskreisen. Auch die Steuereinnahmen entwickelten sich zuletzt spürbar besser als erwartet:

Nach SZ-Informationen stiegen die Erlöse von Bund, Ländern und Gemeinden im April überraschend an, nachdem sie im bisherigen Jahresverlauf teils kräftig gesunken waren. So nahm allein der Bund 17,4 Milliarden Euro ein, 8,5 Prozent mehr als im gleichen Vorjahresmonat. Die Länder verbuchten ein Plus von 4,6 Prozent.

In welchen Bereichen gespart werden soll, will das Bundeskabinett bei einer Klausur am 6. und 7. Juni festlegen. In den Kreisen hieß es, Merkel lehne Kürzungen nach dem "Rasenmäherprinzip" ab. Vielmehr sollen die Forschungs-, die Bildungs- und die Familienförderung wegen ihrer Bedeutung von Einsparungen ausgenommen werden. Darauf hätten sich Merkel, Finanzminister Wolfgang Schäuble, FDP-Chef Guido Westerwelle und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer am vorigen Wochenende verständigt.

Um schon 2011 möglichst große Einsparungen zu erreichen, werden die Etatgespräche ab sofort nicht mehr von Fachbeamten, sondern gleich auf Staatssekretärsebene geführt. Am Ende soll zumindest für 2011 ein Haushaltsplan stehen, in der alle Einsparungen bis ins Detail aufgeschlüsselt sind. Ein Bericht, wonach sich die Regierung mit sogenannten globalen Minderausgaben behelfen will, wurde in der Koalition dementiert. Bei einer solchen globalen Minderausgabe werden zwar Einsparvolumina festgelegt, nicht aber die Einzelheiten.

In der Union wird zudem erwogen, die Einnahmen zu erhöhen, etwa über die Einführung einer Pkw-Maut. Eine höhere Mehrwertsteuer wurde hingegen ebenso abgelehnt wie der Vorschlag des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), bei Familien und der Bildung zu sparen. "An Bildung und Ausbildung gehen zu wollen ist in diesen Tagen schon bemerkenswert und eine wunderliche Idee", sagte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in der ARD.

Der Sozialverband VdK warnte die Regierung sowohl vor einer Mehrwertsteuererhöhung als auch vor Kürzungen im Sozialbereich. "Man kann nicht zu Lasten der Schwächsten sparen", sagte VDK-Präsidentin Ulrike Mascher. Stattdessen müssten Wohlhabende stärker zur Kasse gebeten werden.

© SZ vom 19.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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