Haushaltsdebatte im Bundestag:Warum von der Leyen das meiste Geld von Schäuble bekommt

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Etwas mehr als 300 Milliarden Euro hat Finanzminister Schäuble im kommenden Jahr im Bundesetat eingeplant. Doch welche Posten stecken hinter dieser Zahl? Und welches Ministerium bekommt wieviel?

Oliver Klasen

Haushaltsberatungen sind eine langwierige Angelegenheit: Über vier Tage erstreckt sich die erste Lesung zum Haushaltsentwurf für das Jahr 2013. Nachdem Finanzminister Wolfgang Schäuble seinen Entwurf am Dienstag im Bundestag vorgestellt hat, gehen die Parlamentarier die Einzeletats der Ministerien durch - jeweils in etwa 90-minütigen Debatten. An diesem Donnerstag stellen gleich sechs Ressortchefs ihre Ausgabenpläne vor, darunter Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen.

Nach der ersten Lesung geht der Entwurf in den Haushaltsausschuss, wo er von den Fachpolitikern beraten wird. Verabschiedet werden soll der Haushalt Ende November im Bundestag.

Schäubles Plänen zufolge gibt der Bund im Jahre 2013 die Gesamtsumme von 302,2 Milliarden Euro aus, das sind 3,4 Prozent weniger als im laufenden Jahr. Nur knapp 283,4 Milliarden sind allerdings durch Steuereinnahmen und sonstige Einnahmen wie etwa Privatisierungserlöse gedeckt. Also muss Schäuble neue Kredite aufnehmen: 18,8 Milliarden Euro beträgt die geplante Neuverschuldung für 2013, etwa 16 Milliarden weniger als im laufenden Jahr.

Schriftlich niedergelegt ist Schäubles Entwurf in der Bundestagsdrucksache 17/10200 - ein Dokument, das mehr als 3000 Seiten Text und Tabellen umfasst. Um sich einen groben Überblick zu verschaffen, genügt allerdings ein Blick auf die einzelnen Ministerien und deren wichtigste Ausgabenposten.

[] Der Etat des Arbeits und Sozialministeriums ist mit knapp 119 Milliarden Euro der mit Abstand größte Posten des Gesamthaushaltes. Ressortchefin Ursula von der Leyen ist damit für knapp 40 Prozent der gesamten Bundesausgaben verantwortlich. Herrliche Möglichkeiten für eine aufstrebende Politikerin, um Geld zu verteilen, so könnten Laien denken, doch von der Leyens Gestaltungsspielraum ist sehr begrenzt. Ein Großteil der Ausgaben ist nämlich gesetzlich festgelegt.

Der größte Posten ist mit etwa 81,5 Milliarden Euro der staatliche Zuschuss zur Rentenkasse. Die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern reichen nämlich nicht aus, um alle Leistungen aus der Rentenversicherung zu finanzieren. Deshalb muss der Staat einen erheblichen Teil zuschießen. Ohne diese Steuermittel müsste der Rentenversicherungsbeitrag von derzeit 19,6 Prozent massiv angehoben werden.

Die Ausgaben des Arbeits- und Sozialministeriums sollen im kommenden Jahr im Vergleich zu 2012 um 7,4 Milliarden Euro sinken. Der Hauptgrund ist die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt. Dadurch fällt der Zuschuss zur Bundesagentur für Arbeit erheblich geringer aus.

[] Das Verteidigungsministerium von Thomas de Maizière ist das zweitteuerste Ressort. Dem Haushaltsentwurf zufolge kann der Minister im Jahr 2013 etwa 33,3 Milliarden Euro ausgeben. Obwohl die Bundeswehr verkleinert wird, steigt der Etat, und zwar um 1,4 Millarden Euro.

[] Für Verkehrsminister Peter Raumsauer sind 2013 etwa 25,7 Milliarden Euro an Ausgaben vorgesehen. Der Hauptanteil fließt dabei in die Finanzierung der drei klassischen Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasser. So werden für Autobahnen und Bundesstraßen etwa 5,9 Milliarden ausgegeben, allerdings entfallen dabei nur etwa 0,8 Milliarden auf Neubau- und Erweiterungsmaßnahmen.

Für die Schienenwege muss der Bund insgesamt 10,1 Milliarden Euro aufbringen, sind in diesem Posten auch sechs Milliarden Euro für die Versorgung von Bahnbeamten enthalten. Für die Wasserstraßen hat Ramsauer knapp zwei Milliarden Euro veranschlagt, genauso wie für den Wohnungs- und Städtebau, der ebenfalls in sein Ressort fällt.

[] Für das Ministerium für Bildung und Forschung von Annette Schavan sind nach dem Haushaltsplan 13,8 Milliarden Euro vorgesehen. Auch wenn die Bildung weitgehend Ländersache ist, zählt das Ressort finanziell gesehen zu den eher größeren im Bundesetat. Schavan, die vor kurzem angekündigt hat, sich als CDU-Bundesvorsitzende zurückzuziehen, darf 2013 mehr Geld ausgeben als im laufenden Jahr. Ihr Plus beträgt immerhin 810 Millionen Euro.

Investieren kann die Ministerin die Summe zum Beispiel in den Hochschulbau, für die Einrichtung neuer Studienplätze, in Exzellenz-Initiativen an den Universitäten, in die Verbesserung des Bologna-Prozesses, in Förderprogramme für junge Wissenschaftler oder in die berufliche Bildung.

[] Der Etat von Gesundheitsminister Daniel Bahr ist im kommenden Jahr um zwei Milliarden Euro niedriger als 2012. Grund ist der niedrigere Zuschuss an die Krankenversicherung. Bahr bleiben für 2013 Ausgaben in Höhe von 12,5 Miliarden Euro. Dabei geht der größte Teil des Etats als Zuweisung an den Gesundheitsfonds - jenen Topf, in den neben den Steuermitteln die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern fließen. Daraus erhalten die Krankenkassen pro Versicherten einen bestimmte Summe als Zuweisung.

[] Familienministerin Kristina Schröder kann 7,1 Milliarden Euro ausgeben, davon fließen 4,9 Milliarden in das Elterngeld. Für das von der CSU angestrebte, aber in Teilen der Koalition unbeliebte Betreuungsgeld für alle Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen, sind vorläufig 300 Millionen Euro eingeplant. Außerdem will die Ministerin 580 Millionen Euro für den Kita-Ausbau aufwenden. In die Kinder- und Jugendpolitik fließen 370 Millionen Euro, in den Bundesfreiwilligendienst 167 Millionen Euro.

[] Im Ressort von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel sind für das Jahr 2013 etwa 6,4 Milliarden Euro vorgesehen. Der FDP-Politiker, der das Ministerium vor Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition eigentlich abschaffen wollte, hat sich nach anfänglichen Pannen mittlerweile in seinem Amt eingerichtet. Sein wichtigstes Projekt war Anfang dieses Jahres die Gründung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die die bisher drei großen deutschen Entwicklungshilfe-Organisationen unter einem Dach zusammenfasste.

[] Wirtschaftsminister Philipp Rösler verfügt über 6,2 Milliarden Euro, die er unter anderem für die Unterstützung des Mittelstandes oder die Förderung bestimmter Branchen wie etwa der Luft- und Raumfahrt ausgeben kann. Außerdem wird Geld in neue Informations- und Kommunikationstechnologien oder in nachhaltige Methoden der Energiegewinnung investiert.

[] Innenminister Hans-Peter Friedrich kann etwa 5,8 Milliarden Euro ausgeben. Wichtigster Posten dabei, der etwa zwei Drittel der Ausgaben verschlingt: die innere Sicherheit, also zum Beispiel die Ausgaben für die Bundespolizei oder das Bundeskriminalamt.

Dabei werden im Jahre 2013 etwa 200 Millionen mehr in diesen Bereich investiert. Sie fließen hauptsächlich in die Bekämpfung des Rechtsextremismus, denn genau in diesem Punkt sind einige Sicherheitsbehörden seit der Affäre um die Morde der rechten Terrorgruppe NSU in die Kritik geraten. Weitere Posten in Friedrichs Etat: Die Förderung von Integrationskursen mit immerhin gut 220 Millionen Euro und die Förderung des Spitzensports mit etwa 130 Millionen Euro.

[] Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner kann etwa 5,3 Milliarden Euro ausgeben. Etwa 70 Prozent davon (3,65 Milliarden Euro) entfallen darauf, den Strukturwandel im Agrarsektor sozial abzufedern, also in die Alters- und Krankenversorgung von Landwirten. 600 Millionen fließen in die Forschung zum Thema Nachhaltigkeit und ökologischer Landbau, gut 140 Millionen Euro in den Verbraucherschutz.

[] Als Finanzminister muss Wolfgang Schäuble vor allem darauf achten, die Ausgabenwünsche seiner Kabinettskollegen in Einklang zu bringen. Aber auch das Finanzministerium selbst benötigt einen Etat. Wolfgang Schäuble beansprucht für sein Ministerium 2013 knapp fünf Milliarden Euro.

[] Das Außenministerium stellte in der Geschichte der Bundesrepublik häufig den Vizekanzler. Ob Willy Brandt, Hans-Dietrich Genscher oder Joschka Fischer, die Chefs des Auswärtigen Amtes waren stets eine zentrale Figur im Machtgefüge der jeweiligen Koalitionen. Vom Etat her gesehen, verantwortet der Außenminister jedoch nur einen vergleichsweise geringen Anteil der Bundesausgaben. Auch für Guido Westerwelles Ressort stehen im kommenden Jahr nur 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Etwa 800 Millionen davon entfallen auf die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, fließen also etwa an Einrichtungen wie das Goethe-Institut oder den Deutschen Akademischen Austauschdienst.

[] Umweltminister Peter Altmaier soll für die Kanzlerin die Energiewende managen. Sein politisches Gewicht ist dementsprechend groß, der Etat seines Ministeriums allerdings traditionell nur eher gering. Über 1,6 Milliarden Euro kann der Umweltminister verfügen. Wichtigste Einzelposten dabei: Die Förderung erneuerbarer Energien mit 300 Millionen Euro.

[] Das Justizministerium von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat den kleinsten Etat aller Ministerien. Er liegt 2013 bei etwa 595 Millionen Euro und damit etwa 87 Millionen Euro höher als 2012. Der wichtigste Posten dabei: Die Personalausgaben in Höhe von 437 Millionen Euro.

[] Knapp zwei Milliarden Euro beträgt schließlich der Etat des Kanzleramtes.

Ein wichtiger Posten allerdings fehlt in dieser Liste: Die Ausgaben für Zinsen, die sich aus der Verschuldung des Bundes ergeben. Immerhin 33,3 Milliarden Euro müssen dafür voraussichtlich im Jahr 2013 aufgebracht werden - das ist genauso viel, wie für die Verteidigung ausgegeben wird.

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