Hartz-IV-Reform:Wo gibt es Mindestlöhne?

Wovon profitieren Hartz-IV-Empfänger, die ehrenamtlich tätig sind?

Anders als zunächst von der Regierungskoalition vorgesehen, dürfen sie ihre Aufwandsentschädigung bis zu einer Höhe von 175 Euro pro Monat behalten. Das entspricht dem monatlichen Steuerfreibetrag ("Übungsleiterpauschale"), die für normale Steuerzahler gilt.

Bleibt es bei Kürzungen für Behinderte? Die Regierung wollte die Leistungen für Behinderte, die weiter bei ihren Eltern leben, auf 80 Prozent kürzen. Dies wird nun überprüft. Das Ziel: Sie sollen weiter den vollen Satz bekommen.

In welchen Branchen werden Mindestlöhne eingeführt?

Von Mai 2011 an wird es in der Zeitarbeit, im Wach- und Sicherheitsgewerbe und in der Weiterbildungsbranche für insgesamt etwa 1,2 Millionen Menschen drei neue Mindestlöhne geben. Allein 900000 der 1,2 Millionen sind im Moment Leiharbeiter, für die im Westen derzeit tariflich bereits eine Untergrenze von 7,59 Euro gilt. An den Mindestlohn müssen sich auch ausländische Anbieter aus den neuen osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten halten, die von Mai an in Deutschland tätig werden können. Er soll auch dann gelten, wenn der Betrieb, der sie von der Verleihfirma ausgeliehen hat, sonst niedrigere Löhne zahlt. Die gleiche Entlohnung von Stammbeschäftigten und Leiharbeitern konnte die SPD nicht durchsetzen.

Wie wird das Paket finanziert?

Anders als ursprünglich geplant, sollen nicht die Jobcenter, sondern die Kommunen das Bildungspaket in die Praxis umsetzen. Der Bund erhöht deshalb seinen Anteil an den Miet- und Heizkosten für Hartz-IV-Empfänger um 1,2 Milliarden Euro jährlich auf ein Drittel der Gesamtausgaben für die sogenannten Kosten der Unterkunft. Hinzu kommen die 400 Millionen für das verbesserte Bildungspaket. Um eine Unterfinanzierung der Kommunen zu vermeiden, sollen die tatsächlichen Kosten jährlich abgerechnet und vollständig erstattet werden. Der Bund übernimmt außerdem vollständig die Ausgaben für alte Menschen, die wegen ihrer geringen Rente von der staatlichen Grundsicherung leben müssen. 3,5 Milliarden Euro geben die Kommunen dafür jährlich aus, wegen der zunehmenden Altersarmut mit steigender Tendenz.

Wer ist der Zahlmeister der Reform?

Der Bund soll künftig nur noch den Gegenwert eines halben Mehrwertsteuerpunktes an die Bundesagentur für Arbeit (BA) zahlen. Damit wird die Grundsicherung im Alter finanziert, die der Bund von den Kommunen übernimmt. Die BA rechnet deshalb bis 2014 mit 9,6 Milliarden Euro Schulden - und nicht mehr mit Überschüssen. Wie das Geld eingespart werden soll, ist noch offen. Möglich wäre auch, die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung zu erhöhen.

Wie verfassungsfest ist der Kompromiss?

Wirklich weiß das niemand. Sicher ist: Es wird zu neuen Klagen beim Bundesverfassungsgericht kommen, das eine Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze gefordert hatte. Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Fritz Kuhn, sagt: "Wir sehen uns wieder in Karlsruhe."

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