Hamburg:Unangenehmer Termin für Scholz

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Der SPD-Kanzlerkandidat soll in einem weiteren Untersuchungsausschuss aussagen. Die Frage hier: Warum ließ die Hansestadt 2016 eine mutmaßliche Banken-Steuerschuld verjähren?

Von Peter Burghardt, Hamburg

Nun soll es in Hamburg also einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben zum Thema Cum Ex, Warburg und zur Rolle des damaligen Senats von Olaf Scholz. Nach der Linken setzt sich auch die CDU in der Bürgerschaft dafür ein, gemeinsam hat diese ungewöhnliche Koalition genügend Stimmen für einen Antrag. Bundesfinanzminister, Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Scholz hätte dann vor der Bundestagswahl 2021 einen weiteren unangenehmen Termin. Im Bundestag steht ja ebenfalls ein Untersuchungsausschuss bevor, wegen Wirecard.

In der Hansestadt geht es um die Frage, wieso Hamburgs Finanzverwaltung 2016 eine mutmaßliche Steuerschuld der Warburg-Bank in Höhe von 47 Millionen Euro verjähren ließ und 2017 eine Verjährung einer Rückzahlungsforderung von weiteren 43 Millionen Euro erst vom Bundesfinanzministerium verhindert wurde.

Scholz, von 2011 bis 2018 Erster Bürgermeister, traf sich 2016/17 dreimal mit Warburg-Bankier Christian Olearius und soll ihm 2017 geraten haben, ein Schreiben des Geldhauses an seinen damaligen SPD-Finanzsenator Peter Tschentscher weiterzuleiten. Das geht aus Tagebüchern von Olearius hervor, die SZ berichtete. Gegen die Warburg-Bank und Olearius wurde seinerzeit bereits wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung ermittelt. Unterdessen hat ein Gericht das Finanzinstitut wegen mutmaßlich illegaler Cum-Ex-Geschäfte zur Zahlung von 176 Millionen Euro aufgefordert, Warburg ging in Revision.

Bei der Sondersitzung des Haushaltsausschusses am Freitag im Hamburger Rathaus fehlte Tschentscher, der heutige Bürgermeister. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und leitende Finanzbeamte erklärten erneut, dass es keinen politischen Einfluss in der Steuersache Warburg gegeben habe. Ansonsten verweisen sie auf das Steuergeheimnis. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering sagt: "Von einem Bürgermeister, der nichts zu verbergen hat, habe ich erwartet, dass er den Abgeordneten Rede und Antwort steht."

Der Linken-Finanzexperte Norbert Hackbusch erkennt "ein strukturelles Problem in den Finanzbehörden". Er will, dass auch Hamburgs Auseinandersetzung mit Berlin um die Steuerschuld aufgeklärt wird. Außer Scholz und Tschentscher müssten Finanzbeamte und die für Warburg zuständige Finanzbeamtin auftreten. Finanzsenator Dressel sieht dem Ausschuss "mit Gelassenheit entgegen", man werde "zügig und konstruktiv mitwirken". Florian Toncar, Parlamentarischer FDP-Geschäftsführer im Bundestag, sagt, in Berlin beobachte man das genau: "Ein Bundesfinanzminister muss beim Thema Cum Ex eine blitzsaubere Weste haben - ein Kanzler erst recht."

© SZ vom 21.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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