Hamburg:Landstrom statt Diesel für Schiffe

Lesezeit: 2 min

Bürgermeisterkandidatin Katharina Fegebank (Mitte) freut sich über die Hilfe der Bundeschefs Annalena Baerbock (links) und Robert Habeck. (Foto: Henning Angerer/imago)

Der Grünen-Vorstand mischt bei seiner Klausurtagung im Hamburger Wahlkampf mit - zur Freude von Kandidatin Katharina Fegebank. Bei der SPD ist das ganz anders.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Das war natürlich ein hübsches Bild für Katharina Fegebank, die Hamburg erobern möchte. Als erste Frau. Als erste Grüne. Beim Gruppenfoto mit ihrer Parteiführung stand sie über dem Hamburger Welthafen, Herz und ökologische Problemzone der Hansestadt. Zwischen Annalena Baerbock und Robert Habeck, den Granden der Bundesgrünen, die ihre Klausurtagung am Montag und Dienstag vor allem wegen der Spitzenkandidatin Fegebank und der Bürgerschaftswahl am 23. Februar an die Elbe verlegt hatten.

Tags darauf saß sie dann wieder zwischen den beiden, sie lässt sich von den Vorsitzenden aus Berlin gerne in die Mitte nehmen. Das unterscheidet sie wesentlich von ihrem Rivalen aus dem Rathaus. Seit fünf Jahren ist Katharina Fegebank Zweite Bürgermeisterin des rot-grünen Senats. Jetzt fordert sie den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher von der SPD heraus, und anders als er vertraut sie ihrer Parteispitze.

Tschentscher lässt die neue SPD-Führung Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans im Wahlkampf lieber vor den Stadttoren, weil er angesichts bundesweit verheerender Zahlen die berechtigte Sorge hat, dass ihm das Duo schaden könnte. Vorgänger Olaf Scholz ist ihm als Helfer willkommener, trotz des Desasters G 20. Die Grünen dagegen wollen ihren Schwung mitnehmen, um diese rote Hochburg zu erobern. Baerbock und Habeck verliehen ihr noch mal "einen starken Schub", schwärmt Katharina Fegebank. Robert Habeck fände es angemessen, "in der stolzen Stadt Hamburg nach 199 Männern mal eine Frau zur Bürgermeisterin machen zu können."

Tatsächlich wurde Hamburg in all den Jahrhunderten von 199 Männern regiert. In den neuesten Umfragen liegt die SPD mit ihrem Mann und derzeit 29 Prozentpunkten nur knapp vor den Grünen und ihrer Frau, die mit 26 Prozent ihr Ergebnis von 2015 verdoppeln würden. Als erste Option der Wähler gilt Rot-Grün, als zweite Grün-Rot. Kann sich das noch drehen?

Der Grünen-Vorstand hat für die historische Chance Strategiepapiere erstellt, teilweise auf Hamburg zugeschnitten. Es geht um einen umweltfreundlichen Industriestandort Deutschland, um den Kampf gegen Billiglöhne - zwei Themen, bei denen der SPD das Wasser abgegraben werden soll. "Für eine Wirtschaft, die sich neu erfindet", heißt es in dem Entwurf, man müsse "die Marktwirtschaft ökologisch-sozial neu begründen". Mit "fairem Wettbewerb", wie Annalena Baerbock ergänzt.

Der Elbvertiefung haben die Grünen zugestimmt. Es soll das letzte Mal gewesen sein

Die CO₂-Belastung in Deutschland sinkt, "wir sehen uns bestätigt, dass der CO₂-Preis endlich Wirkung zeigt", sagt sie. Trotzdem wird das Klimaziel gerissen, die Bundesregierung sei schuld. Die Grünen wollen zum Beispiel Investitionen in CO₂-neutrale Prozesse bei der Produktion von Stahl, Metall oder Zement lohnender gestalten, indem die Differenz zwischen dem geltenden CO₂-Preis und den wahren Kosten von CO₂-Vermeidung erstattet wird. Strom aus Windkraft und Wasserstoff soll besser gefördert, wagemutige Firmengründer sollen mit einem Zukunftsfonds unterstützt werden. Was möglich und nötig sei, das zeige sich in Hamburg und der Region "wie unter einem Brennglas".

Symbol der geplanten Verwandlung ist der stolze Hamburger Hafen. Da wird es allerdings kompliziert. Die umstrittene Elbvertiefung für die Containerpötte haben die Grünen abgenickt, laut Fegebank soll es die letzte Elbvertiefung sein. Sie setzt auf Anschlüsse am Kai für die Versorgung luftverpestender Schiffe mit Landstrom, auf Wissenschaft, Ideen, regionale Vernetzung. "Tradition und Moderne", verspricht sie. Landstrom statt Schiffsdiesel - "alle nervt es, diese Abgase in der Stadtluft", sagt Baerbock. Robert Habeck weist darauf hin, dass man die Klimadebatte nicht zum Vergnügen führe, sondern "weil es diese verfluchte Erderwärmung gibt".

Katharina Fegebank ist seit Tagen schwer erkältet, aber sie glaubt an ihre Gelegenheit. "Wir sind nicht in der Pole Position", sagt Sportsfreund Habeck, "wir sind die Herausforderer. Wie Dortmund, Leipzig oder Gladbach." Es sei "auch kein Beinbruch, wenn Bayern wieder Meister wird." Oder Hamburg doch rot-grün bleibt statt erstmals grün-rot zu werden. Aber wer weiß, "vielleicht klappt's ja". Katharina Fegebank bittet ihre Berliner Vorsitzenden, in Hamburgs Wahlkampf die Isomatten auszurollen.

© SZ vom 08.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: