Hamburg:Ein Abschluss ohne Abschluss

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Die Rote Flora im Schanzenviertel: 1889 als "Concerthaus" eröffnet, 1989 von Autonomen besetzt, seit 2014 von einer Stiftung verwaltet. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Die Aufarbeitung der G20-Proteste in Hamburg bleibt vorerst aus. Die Parteien gaben ihre Stellungnahmen ab. Viel mehr passierte nicht.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Die letzten Worte wirkten etwas kraftlos. Am Donnerstagabend im Großen Festsaal des Rathauses schien das ganze Plenum froh zu sein darüber, dass der Sonderausschuss zu den Krawallen beim Hamburger G-20-Gipfel im Juli 2017 sein Ende fand. 15 zum Teil sehr lange Sitzungen haben die Mitglieder aus der Bürgerschaft in den vergangenen zwölf Monaten hinter sich gebracht. Die Protokolle der Befragungen von Verantwortlichen und Experten dürften mehrere Aktenordner füllen. Da überraschte es nicht, dass die abschließende Beratung relativ kurz und müde ausfiel. Die Parteien gaben ihre Stellungnahmen ab. Viel mehr passierte nicht. Ergebnis?

Ob die Aufarbeitung der G-20-Krawalle je ein klares Ergebnis hervorbringen wird, steht noch in den Sternen. Die Polizei ermittelt mit mächtigem Eifer gegen die Täter. Viele Bürger hadern immer noch mit den Begleiterscheinungen eines Gipfels, den sie nicht wollten. Und die politische Debatte über die Schlüsse aus den Ausschreitungen wird im Parlament weitergehen. Am Ende des Sonderausschusses konnte man nur feststellen, dass sich jede Partei ihren eigenen Reim macht auf die vielen Informationen und Eindrücke, die sie bei den wortreichen Sitzungen sammeln konnten.

Dass sich solche Ausschreitungen von Linksextremen und ihren Trittbrettfahrern nicht wiederholen dürfen, ist wohl die einzige Botschaft, die alle Abgeordneten teilen. Aber sonst? Die regierende SPD lobt Auskunftsfreude und ansatzweise Selbstkritik ihrer Parteifreunde im Senat. Die Oppositionellen von der CDU fordern politische Konsequenzen, unter anderem auch weiterhin die Schließung des linksautonomen Kulturzentrums Rote Flora - und zwar ausdrücklich ungeachtet der Tatsache, dass die Flora-Mitglieder laut Polizei in den G-20-Tagen nach Stand der Dinge nichts strafrechtlich Relevantes verbrochen haben.

Die AfD will mehr Härte gegen Linksextreme. Die FDP weiß offenbar noch nicht so genau, was sie will. Die Linke bleibt bei ihrer Polizei-Kritik, wobei deren Abgeordnete Christiane Schneider sich nicht in platter Einseitigkeit verstieg. Sie sagte: "Wir brauchen eine Weiterentwicklung der Protestkultur. Auf allen Seiten muss es eine Debatte darüber geben."

Und die Grünen, die mit der SPD die Regierung bilden? Sie sind gefangen zwischen G-20-Kritik und Koalitionsdisziplin. Sie fühlten sich überrumpelt, als der damalige Bürgermeister und heutige Bundesfinanzminister Olaf Scholz den Gipfel nicht nur in die Stadt ließ, sondern auch noch ins Messezentrum nahe einer traditionell links geprägten Nachbarschaft einlud. Sie fanden das nicht gut und wollten trotzdem nicht raus aus dem Bündnis mit den Sozialdemokraten.

Mit maßvoller Skepsis folgten sie im Ausschuss den Ausführungen von Senat und Polizei. Und so klang auch die Stellungnahme ihrer innenpolitischen Sprecherin Antje Möller. "Dieser Ausschuss endet nicht in einer Vorwurfslage gegen die Polizei", sagte sie, "sondern er zeigt, dass die Aufgabe in dieser Größe, an diesem Ort, in dieser Stadt so, wie sie angegangen wurde, nicht zu meistern gewesen ist." Zum sachlichen Urteil gehörte für sie die harte Erkenntnis, welche die SPD ungern hört: Scholz und die anderen G-20-Verantwortlichen haben sich verschätzt beim Versuch, Hamburg als Weltbühne zu inszenieren.

© SZ vom 18.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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