Hamburg will seinen Beamten ermöglichen, in die gesetzliche Krankenversicherung einzutreten. Die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) stellte am Dienstag einen Gesetzentwurf vor, nach dem der Stadtstaat in Zukunft die Hälfte der Versicherungsbeiträge übernehmen wird - wenn sich die Beamten gegen eine private Krankenversicherung entscheiden. Bislang müssen sich in Hamburg wie auch in anderen Ländern die Beamten privat versichern und erhalten im Krankheitsfall eine Beihilfe.
Die Senatorin will vom 1. August 2018 an die "Wahlmöglichkeit der Beamten stärken", sagte sie. Bereits heute seien in Hamburg geschätzte 2400 Staatsangestellte gesetzlich krankenversichert. Diese übernehmen ihre Beiträge allerdings im Augenblick ganz allein. Vom kommenden Jahr an wird Hamburg für sie zusätzlich 5,8 Millionen Euro ausgeben. Auch die 1500 bis 2000 neuen Beamten, die die Stadt jährlich einstellt, können bald gleich beim Einstieg wählen, wie sie sich versichern wollen.
In Berlin trifft der Vorstoß mitten in die Wahlkampf-Debatte über die Bürgerversicherung
In Berlin trifft der Vorstoß der SPD-Senatorin mitten in die Wahlkampf-Debatte um eine sogenannte Bürgerversicherung. SPD, Grüne und Linke werben dafür, die Zweiteilung zwischen gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen langfristig abzuschaffen. Ein Großteil der Privatversicherten sind Beamte, deshalb müssten Reformen auch bei ihnen ansetzen.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Karl Lauterbach, nannte den Hamburger Vorstoß deswegen "großartig": Dies sei "ein erster Schritt in Richtung Bürgerversicherung" und bringe für Beamte "große Vorteile", sagte Lauterbach. Gerade diejenigen, die älter und kränker seien, würden in der gesetzlichen Krankenversicherung besser abgesichert. Zudem spare das Bundesland mit der Maßnahme. Die Beihilfe für Beamte könne die Behörden in Einzelfällen zwischen 1000 und 2000 Euro pro Privatversicherten kosten. Für denselben Menschen in einer gesetzlichen Krankenversicherung zahle der Staat nur rund 300 Euro.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Georg Nüßlein, sieht es ganz anders. Für ihn ist die Hamburger Initiative "ein krampfhafter, dem Wahlkampf geschuldeter Schritt". Der Staat habe die Pflicht, seinen Beamten eine Beihilfe zuzusichern. Die Unterstützung für gesetzlich Versicherte, welche die Hamburger Senatorin vorschlägt, sei deshalb "verfassungsrechtlich bedenklich", sagt er. So eine wichtige Entscheidung müsse durch eine bundesweite Wahl getroffen werden und nicht durch ein einzelnes Bundesland.
Auch der Deutsche Beamtenbund (DBB), dessen Mitglieder die Hamburger Senatorin unterstützen will, reagiert verärgert auf die neue Wahlfreiheit. Der Vorschlag sei "unausgegoren", sagte DBB-Landeschef Rudolf Klüver. Als Interessenvertreter sei er nicht in diese Entscheidung eingebunden gewesen, kritisiert er. Stattdessen stelle die Stadt Hamburg ihre Beamten bei der Krankenversicherung nun vor eine Wahl mit lebenslangen, unumkehrbaren Konsequenzen.