Grünen-Parteitag:Kuschelnd zum Wahlsieg

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Wie früher: Mit Stricknadel und Aufkleber. So links waren die Grünen schon lange nicht mehr. (Foto: dpa)

Manchen Fundis war das linke Wahlprogramm der Grünen noch nicht links genug. Doch die Grünen haben so gut wie alle Streitthemen ihres Parteitags abgeräumt. Unkonventionell, das war einmal. Wenn nur die Sache mit der Kohle nicht gewesen wäre.

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Gut, da ist die Sache mit der Kohlekraft. Die wollen die Grünen jetzt bis 2030 abschaffen. Schwierig. Aber der Parteitag an diesem Wochenende in Berlin hat das am späten Freitagabend überraschend so entschieden. Ein bisschen doof ist das, weil die SPD die Kohlekraft als Brückentechnologie weiterbetreiben will - und zwar so lange sie gebraucht wird.

Kohle ist ein heikles Thema für die Sozialdemokraten. Die sind ja sozusagen auf Kohle geboren. In Nordrhein-Westfalen wäre mal beinahe die rot-grüne Koalition geplatzt, weil viele Grüne den Braunkohletagebau in Garzweiler verhindern wollten.

Jetzt haben die Grünen eine kleine Sollbruchstelle für künftige Koalitionsverhandlungen mit der SPD in ihr Wahlprogramm eingebaut. Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke blieb danach nur der lapidare Kommentar, dass die Abstimmung knapp gewesen sei.

Aber das Kohle-Komplott war auch schon die einzige Auflehnung. Mit Demonstrationen von Basismacht war es danach vorbei. Das Bekenntnis zu Rot-Grün aus der Präambel streichen? Für das Unterfangen haben kaum eine Hand voll Grüne ihre Stimmkarte in die Höhe gehalten. Oder der angebliche Riesenstreit um die Höhe des grünen Spitzensteuersatzes, 53 statt der avisierten 49 Prozent. Das Projekt verpuffte auf dem Berliner Kuschelparteitag. Eine satte Mehrheit lehnte den Vorschlag ab.

Die Grünen wollen regieren

Die Grünen haben dazugelernt. Nicht erst seit jenem denkwürdigen Beschluss im Wahlkampfjahr 1998, den Preis für einen Liter Benzin auf fünf Mark herauf zu jagen. Das Ergebnis waren geschwächte Grüne, die sich nur dank einer starken SPD in die Regierung flüchten konnten. Jetzt ist es genau umgekehrt. Starke Grüne müssen der SPD helfen, wenn es für Rot-Grün reichen soll.

Das grüne Programm ist schon ein sehr linkes. Steuererhöhungen auf breiter Front für Reiche, Wohlhabende und Unternehmen. Mehr Arbeitnehmerrechte. Mehr Geld für Soziales, Entlastung der unteren Einkommen. So links waren die Grünen lange nicht.

Parteitag der Grünen in Berlin
:Alle gegen Kretschmann

Zurückhaltung in der Steuerpolitik hatte Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Kretschmann von seiner Partei gefordert. Damit steht er bei den Grünen aber alleine da. Auch beim Parteitag schlägt ihm Kritik entgegen.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Aber da jetzt noch was nachschieben, das haben vor allem die gemäßigten Linken hier verhindert, die die letzte Radikalen in der Partei in ihre Schranken gewiesen haben. Die Grünen wollen regieren. Das hat der Parteitag bewiesen. Wenn auch um den Preis, genauso erwartbar und durchformatiert zu erscheinen, wie die anderen Parteien. Es könnte ein Erfolgsrezept sein.

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