Grüne:Trostpflaster

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Die Landesverbände in Brandenburg und Sachsen haben ihre bisher besten Ergebnisse bei einer Landtagswahl erzielt. Eigentlich hatte sich die Partei diesmal allerdings doch noch mehr erhofft.

Von Constanze von Bullion

Wir spenden gern Herzblut oder auch Stimmen, wenn es der guten Sache dient, also der Demokratie. Mit dieser Botschaft hat die Grünenspitze auf die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg reagiert. "Wir gehen gestärkt aus diesen Wahlen hervor", sagte die Bundesvorsitzende Annalena Baerbock am Montag in Berlin. Die Wahlen seien ein Erfolg, "weil Demokratinnen und Demokraten gemeinsam um Lösungen gerungen" hätten. Natürlich, so schränkte Baerbock später ein, könne ihre Partei "nicht nur glücklich" sein. Es stünden "schwierige" Sondierungen an.

Auf 10,8 Prozent der Stimmen sind die Bündnisgrünen in Brandenburg am Sonntag gekommen, in Sachsen auf 8,6 Prozent. Besser hat die Partei in ostdeutschen Flächenländern nie abgeschnitten, einerseits. Brandenburgs grüne Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher sprach von einem "historisch" guten Ergebnis. Andererseits hatte die Partei sich deutlich mehr erhofft. Wahlforscher hatten den Grünen bis zuletzt gut 14 Prozent in Brandenburg in Aussicht gestellt und elf Prozent in Sachsen. Es sei nicht immer gelungen, "die gute Stimmung in Stimmen umzusetzen", sagte Sachsens grüne Spitzenkandidatin Katja Meier. "Nichtsdestotrotz" - man habe besser denn je abgeschnitten.

Nichtsdestotrotz, das wird am Tag danach zum Leitmotiv der Grünen. Sie gehören zu den Wahlsiegern, aber sehen extrem komplizierten Sondierungsgesprächen entgegen. Mit Ergebnissen um die zehn Prozent in Brandenburg und Sachsen ist der bundespolitische Lauf der Grünen nicht unbedingt gestoppt, aber abgebremst. Und für die Wahl in Thüringen ist Entspannung eher nicht in Sicht.

Nichtsdestotrotz, am Sonntagabend gibt es noch ein paar Trostpflaster für die grüne Seele. In Leipzig, Dresden und Potsdam haben vier Grüne erstmals Direktmandate geholt, in Potsdam zulasten von Klara Geywitz, die für den SPD-Vorsitz kandidiert. In urbanen Milieus und rund um Berlin gedeiht auch im Osten der Zuspruch für die Partei, anders als in vielen ländlichen Regionen. In Potsdam holten die Grünen 27 Prozent der Zweitstimmen, und selbst in der Braunkohlestadt Cottbus, einer rechten Hochburg, 8,2 Prozent.

Das war es dann aber auch mit frohen Botschaften. Denn nicht wenige, die eigentlich Grün wählen wollten, hatten sich in letzter Minute offenbar für eine Regierungspartei entschieden. Allein in Brandenburg wanderten 14,8 Prozent vormalige Grünenwähler zur SPD, wohl um zu verhindern, dass die AfD stärkste Partei wird.

Für eine "Laufzeitverlängerung" der regierenden Koalitionen will sich die Partei nicht hergeben

Grünenchef Robert Habeck nannte solche taktischen Manöver im Deutschlandfunk "völlig legitim". Rechte aufzuhalten gehe vor, so war das zu verstehen. "Nehmt doch gerne zwei, drei Punkte von den Grünen, wenn die Überschrift bleibt: Die Demokratie stellt immer noch stärkere Kräfte als die AfD", sagte Habeck noch.

Auf die Frage, ob sie das ebenso sehe, reagierte Annalena Baerbock am Montag zurückhaltend. Einsatz gegen rechts stehe hoch im Kurs bei den Grünen, das ja. "Wir sind eine Partei, die die Verfassung schützen will." Deshalb seien die Grünen "Brückenbauer zu anderen demokratischen Parteien". Aber gegen ein paar Prozent mehr hätte man wohl nichts gehabt.

Die Grünen könnten bald in elf Landesregierungen sitzen.

Aber sie wehren sich mit Händen und Füßen gegen den Eindruck, jetzt abgewählten Regierungen wie Schwarz-Rot in Dresden oder Rot-Rot in Potsdam als lebensverlängernde Maßnahme zu dienen. Für eine reine "Laufzeitverlängerung" sei man nicht zu haben, sagte Ursula Nonnemacher. Mit gut zehn Prozent will ihre Partei nun neue Tagebaue verhindern, sozialverträglich, und abgehängte Regionen vernetzen. "Wir nehmen natürlich diese Verantwortung an", sagte die Sächsin Meier. Bloß nicht Bange machen lassen, ist die Losung. Es könnte ungemütlich werden.

© SZ vom 03.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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