Grüne:Generationenkonflikt

Die Partei streitet um eine Herzensangelegenheit.

Von Constanze von Bullion

Etwa 30 Jahre ist es her, da haben die Grünen und ihre Anhänger noch mit Pflastersteinen nach der Staatsgewalt geworfen. Heute ist die Partei ganz vorn dabei, wenn es ums Bekenntnis zu Recht und Grundordnung geht. Den demokratischen Staat zu loben und gegen Angriffe von rechts in Schutz zu nehmen, das ist jetzt heilige Pflicht im grünen Milieu.

Knifflig wird es aber, wenn junge Leute tun, was Grüne heute unterlassen: Häuser besetzen. In Berlin wurden zwei leer stehende Gebäude kurzzeitig okkupiert. Die Aktion richtete sich gegen die Spekulation mit Häusern und Grundstücken, die sich in Berlin verschärft. Das treibt Mieten hoch und Bewohner aus dem Kiez.

Grünen-Chef Robert Habeck, auch er ein demokratisch Gereifter, hat die Besetzungen pflichtschuldig als "Unrecht" bezeichnet. Parteiveteran Hans-Christian Ströbele nannte ihn zum Dank einen "Schriftsteller", also entschwebt. Ein Generationenkonflikt mit umgekehrten Vorzeichen spielt sich da ab. Die neue grüne Parteispitze aber muss sich fragen lassen, warum sie beim Thema Wohnen bisher so leisetritt, obwohl es um zentrale Gerechtigkeitsfragen geht. Nein, die Partei muss nicht zurück ins besetzte Haus. Aber sie sollte sich zum Anwalt der vielen machen, die im Kampf um bezahlbaren Wohnraum wenig mehr aufbieten können als zivilen Ungehorsam.

© SZ vom 25.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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