Nach Lieferengpässen:Großbritannien bietet 5000 LKW-Fahrern befristete Visa an

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Aufgrund der fehlenden LKW-Fahrer kam es an Tankstellen zu Lieferengpässen und, wie hier am Samstag in Leicester, zu langen Schlangen vor den Zapfsäulen. (Foto: Mike Egerton/dpa)

Die Regierung in London will so Lieferengpässen entgegenwirken. Zuletzt hatte es leere Supermarktregale und Zapfsäulen gegeben weil nach dem Brexit ausländische Fahrer fehlen.

Das britische Verkehrsministerium hat in der Nacht zum Sonntag angekündigt, von Oktober an und bis Heiligabend 10 500 befristete Arbeitsvisa vergeben zu wollen. Mit den Visa soll es 5000 LKW-Fahrern und 5500 Facharbeitern für die Geflügelverarbeitung aus dem Ausland ermöglicht werden, in Großbritannien zu arbeiten. Die Regierung versucht so, das Weihnachtsfest zu retten. Zuletzt war es durch den Brexit und die damit abgeschaffte Freizügigkeit zu einem Fachkräftemangel gekommen. Dieser betrifft insbesondere LKW-Fahrer und die geflügelverarbeitende Industrie, die bereits vor Lieferengpässen von Truthähnen zum Weihnachtsfest gewarnt hat. Verkehrsminister Grant Shapps sagte, die Ausnahmegenehmigung solle "sicherstellen, dass die Vorbereitungen für die Weihnachtszeit im Plan bleiben".

Den Ausschlag für die Kehrtwende der Regierung, die bis vor Kurzem noch Visaausnahmen für Ausländer abgelehnt hatte, brachten offensichtlich Bilder von langen Schlangen an Tankstellen. Wegen der Lieferprobleme konnten Energiekonzerne Dutzende Tankstellen nicht mit Benzin und Diesel beliefern. "Nach sehr schwierigen 18 Monaten weiß ich, wie wichtig dieses Weihnachtsfest für uns alle ist, und deshalb unternehmen wir diese Schritte zum frühestmöglichen Zeitpunkt, um sicherzustellen, dass die Vorbereitungen auf Kurs bleiben", sagte Verkehrsminister Shapps.

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Fahrlehrer der Armee sollen helfen, den Rückstau an Fahrprüfungen aufzuarbeiten

Vertreter der Logistikbranche sowie der Nahrungsmittelindustrie begrüßten die Regierungspläne. Zugleich machten sie deutlich, dass die insgesamt 10 500 Fachkräfte nicht ausreichten. Allein die Supermärkte benötigten mindestens 15 000 Lkw-Fahrer, damit die Geschäfte vor Weihnachten mit voller Kapazität arbeiten und Störungen oder Lieferprobleme vermieden werden, sagte Andrew Opie vom Einzelhandelsverband British Retail Consortium. Auch die Präsidentin der Britischen Handelskammer, Ruby McGregor-Smith, kritisierte, die Maßnahmen reichten bei weitem nicht aus. "Das ist, als ob man ein Lagerfeuer mit einem Fingerhut Wasser löschen will", sagte sie.

Das Verkehrsministerium betonte hingegen, der Import von Arbeitskräften stelle keine nachhaltige Lösung des Problems dar. Helfen soll vielmehr ein Maßnahmenpaket. So ist vorgesehen, dass Fahrlehrer der Armee dabei helfen, den enormen Rückstau an Fahrprüfungen aufzuarbeiten, der auch durch die Corona-Pandemie entstanden ist. Zudem werden rund eine Million Briefe an ehemalige Lastwagenfahrer verschickt, um sie von einer Rückkehr in den Beruf zu überzeugen. Geworben werden soll mit höheren Löhnen, fixen Arbeitszeiten und besseren Arbeitsbedingungen. Auch kostenlose Umschulungen werden angeboten. Insgesamt sollen 50 000 Fahrprüfungen pro Jahr zusätzlich möglich werden.

Während Wirtschaftsvertreter einräumen, dass der Brexit ein Grund für die angespannte Lage ist, weist die Regierung einen Zusammenhang zurück. Die Pandemie habe die Situation verschärft, sagte Minister Shapps. Zuvor habe es in Großbritannien allerdings bereits Probleme gegeben. Shapps nannte eine alternde Belegschaft, niedrige Löhne und schlechte Bedingungen auf Autohöfen.

© SZ/dpa/Reuters/hij - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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