Griechenland-Hilfe im Bundestag:Nichts riskiert, nichts gewonnen

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Die Mehrheit für das Hilfspaket steht - dennoch war die Abstimmung zu Griechenland eine bemerkenswerte Niederlage für die Kanzlerin.

Nico Fried

Jetzt noch mal der Reihe nach: Der Bundestag hat der Hilfe für Griechenland zugestimmt. Das ist das wichtigste Ergebnis dieser aufgeregten Woche - und es stand nie in Zweifel. Auf die Opposition kam es nicht an, nur auf die Koalition. Hätte Union und FDP eine eigene Mehrheit gefehlt, wäre die Regierung am Ende gewesen. Noch der kritischste Abgeordnete fühlt sich aber an der Macht wohler als anderswo. Das ist bei Schwarz-Gelb seit sieben Monaten nicht anders als es bei Rot-Grün sieben Jahre lang war.

Die breite Mehrheit fehlt ihr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). (Foto: Foto: AP)

Nicht ganz so wichtig, aber doch bemerkenswert ist die innenpolitische Niederlage der Kanzlerin. Angela Merkel wollte eine breite Mehrheit im Parlament - sei es als europapolitisches Signal, sei es, um andere in Mithaftung zu nehmen, sei es wegen der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.

Sie hat diese breite Mehrheit aber nicht bekommen. Angela Merkel ist spät gescheitert, hat das aber früh geahnt. Und sie hat es geschafft, dass das Ringen um eine breite Mehrheit nur noch als Gezerre zwischen SPD und FDP wahrgenommen wurde. Frei nach dem Struwwelpeter galt: Nur Frau Merkel blicket stumm von ihrem Kanzlerstuhl im Saal herum.

Guido Westerwelle, Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier haben sich zu Bütteln dieser Merkelschen Selbstimmunisierung degradieren lassen. Je nach Interpretation steht nun entweder die SPD gelackmeiert da, weil sie es mit ihrer Enthaltung angeblich an europäischer Solidarität hat fehlen lassen - oder die FDP, weil es ihr angeblich am Willen fehlte, die böse Finanzbranche mit einer zweifelhaften Steuer an die Kette zu legen.

Nur die Kanzlerin soll schuldlos sein, obwohl sie die Streitenden nicht zusammenführen konnte? Inszeniert hat Merkel die gute Absicht, kaschiert hat sie die fehlenden Taten. Nichts riskiert, nichts gewonnen, macht nichts.

Eine Bilanz der Krisenkanzlerin steht noch aus: Dass Merkels Griechenland-Strategie die Hilfe teurer gemacht hat, wie es die Opposition behauptet, lässt sich nicht beweisen. Ob der verschärfte Sparkurs, den Merkel erzwang, in Griechenland womöglich kontraproduktiv wirkt, muss man abwarten. Eines aber steht fest: Merkel führt in der Krise ein Kabinett, in dem zwei Leute selten das Gleiche sagen; in dem ein politisches Schwergewicht wie Wolfgang Schäuble sich von den Banken mit lächerlichen Zusagen veräppeln lässt; in dem ein politisches Leichtgewicht wie Rainer Brüderle hier schweigt, aber in Brasilien plappert. Und was folgt daraus?

Diese Woche hat wieder gezeigt, warum Merkel da ist, wo sie ist. Sie hat sich selbst in mehreren Auftritten verteidigt - und den Rest einfach laufen lassen. Diese Woche hat auch einen Eindruck von dem vermittelt, was von Montag an geschieht, wenn die Kanzlerin im Bundesrat keine schwarz-gelbe Mehrheit mehr hat. Dann ist das Muster dieser Woche der Dauerzustand - und Merkel so stark, wie jene schwach sind, die sich von ihr gegeneinander ausspielen lassen.

© SZ vom 8.5.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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