Glosse:Das Streiflicht

Lesezeit: 2 min

Nun dürfen alle Cannabis rauchen. Aber viele trauen sich noch nicht, den Joint im Biergarten anzuzünden. Jetzt ist es Zeit, dass Biertrinker und Kiffer aufeinander zugehen.

(SZ) In den seligen Zeiten vor der Cannabis-Legalisierung war das Leben eines durchschnittlichen deutschen Kiffers einfach. Öffentlich einen Joint zu rauchen war verboten, das war eine klare Ansage, die dem Kiffer ebenso wie der Kifferin signalisierte: Ja, ich kann mir jederzeit eine Tüte reinziehen, ich darf mich nur nicht dabei erwischen lassen. Jetzt aber sind die Bestimmungen so kompliziert, dass gesetzestreue Cannabisliebhaber erwägen, ihre Joints für immer an den Nagel zu hängen. Unentwegt müssen sie sich schwierigen Fragen stellen: Wie viel Gramm darf ich besitzen, und zählen die Geheimvorräte in Omas Likörschränkchen dazu? Ist es erlaubt, beim Marihuana-Anbau auf dem Balkon in gutbäuerlicher Manier Glyphosat einzusetzen? Darf ich am Steuer einen Joint rauchen, und wäre es ein Bestechungsversuch, die Polizisten bei der Kontrolle zwei, drei Züge mitrauchen zu lassen? Jeden Augenblick muss der Kiffer über juristische Probleme nachdenken, da bleibt keine Zeit, sich in Ruhe eine Tüte zu bauen. "Jeden Morgen ein Joint, und der Tag ist dein Freund" - das war einmal.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: