Glosse:Das Streiflicht

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Jeder "alte weiße Mann" sollte es wie Jan Josef Liefers machen und die Farbe Weiß einfach aus seiner Selbstwahrnehmung streichen.

(SZ) Bevor das gewaltige Vorkommen von bösen alten weißen Männern in der Realität entdeckt wurde, gab es im Film schon seit Jahrzehnten böse weiße Männer. Manchmal waren sie auch noch alt, und wenn es sich um abgrundtief böse alte weiße Männer handelte, waren es Nazis. Es gab aber auch jede Menge gute weiße Männer, die in der Regel James Stewart oder Harrison Ford hießen, und im Fall von Spencer Tracy, der mal in eine total verkorkste Kleinstadt kam und dort mächtig aufräumte, auch vergleichsweise alt waren. Dass der einsame Kämpfer für Gerechtigkeit durchaus anders gecastet werden kann, bewies Sidney Poitier, der als FBI-Beamter "In der Hitze der Nacht" in einer rassistischen Kleinstadt einen Mord aufklärt, und zwar als guter junger Schwarzer, dem am Ende von einem zunächst recht bösen, aber im Herzen doch recht guten alten weißen Mann geholfen wird. Was wieder mal beweist, dass ein nobles Drehbuch jede Form von Schubladendenken leichtfüßig aushebeln kann. Eine ganze Gesellschaft schafft das nicht so schnell, weil sie nicht von der Vorurteilskommode loskommt mit ihren vielen praktischen Schubladen, in man sich gerne gegenseitig einsortiert.

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