Glosse:Das Streiflicht

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Gentrifizierung gilt als soziales Desaster, und es gibt sicher Argumente für diese Einschätzung. Aber man weiß jetzt auch: Tiere fühlen sich dort am wohlsten, wo es schick und sauber ist.

(SZ) Gentrifizierung ist eine Methode, Normal- und Schlechtverdiener, Studenten, Künstler oder andere Low Performer aus einem Stadtviertel zu vertreiben, damit Platz geschaffen wird für Menschen, die finanziell in der Lage sind, 2000 Euro Miete für eine luxussanierte Besenkammer zu bezahlen. Sobald ein gemütliches Glasscherbenviertel als "aufstrebendes Quartier" im Hochglanzprospekt einer Immobilienfirma auftaucht, dürfen sich die Bewohner schon mal nach einer neuen Bleibe umsehen, etwa in den verblühten Landschaften des Ostens. Das Wort "Gentrifizierung" verbreitet unter Alteingesessenen so viel Schrecken wie der Name Hannibals im alten Rom, wohingegen es für Investoren, Spekulanten und ihren politischen Arm, die FDP, wie das anheimelnde Röhren eines Ferrari-Motors klingt. Vollendet ist ihr Werk, wenn Hipster aller Art sowie bei Tiktok ausgebildete Gen-Z-Therapeutinnen die vom Kleine-Leute-Mief bereinigten Altbauwohnungen beziehen und man im Latte-macchiato-Müttercafé über die Freundin lästert, die mit einer Leberkäs-Semmel ertappt wurde.

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